Spezialisierte Computerprogramme sind in der modernen Wirtschaftswelt ein wertvoller Faktor für viele Unternehmen. Ganze Produktionsprozesse werden automatisiert durch entsprechende Software gesteuert. Zu umso größeren Problemen kann es führen, wenn einem Unternehmen die Nutzung der Software – losgelöst von einem persönlich vorwerfbaren Verhalten – durch Entzug der Lizenz plötzlich rechtlich unmöglich gemacht wird.
Es stellt sich daher die Frage, was geschieht, wenn der Hersteller in eine wirtschaftliche Schieflage, gar in die Insolvenz gerät, bevor der Vertrag von beiden Seiten vollständig erfüllt ist. Das Urhebergesetz selbst enthält keine Regelung für die Insolvenz.
Problematisch ist vor allem, dass der Lizenznehmer Gefahr läuft, das Nutzungsrecht aus dem Vertrag wieder zu verlieren, selbst wenn er die Gegenleistung für die Lizenz schon zu wesentlichen Teilen erbracht hat. Denn der Insolvenzverwalter hat die Möglichkeit, die Nichterfüllung des Lizenzvertrages nach § 103 Abs. 1 InsO zu wählen.
Durch die Verweigerung stünde dem Lizenznehmer dann lediglich ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung als einfache Insolvenzforderung zu. Dies würde jedoch den Interessen des Lizenznehmers, der auf eine geringe Quote verwiesen wäre, kaum gerecht. Eine weitere Nutzung der Software wäre ihm versagt, wenngleich er für eine Weiterentwicklung oder einen Markteintritt bereits hohe Investitionen getätigt hätte.
Ein erster Referentenentwurf vom Dezember 2007 (Bundesdrucksache 16/7416) sah daher in einem neu eingefügten §108a InsO–E vor, Lizenzverträge fortbestehen zu lassen und dem Insolvenzverwalter kein Wahlrecht mehr zuzugestehen. Der Entwurf wurde jedoch überwiegend kritisch aufgenommen.
Mit dieser Problematik bei Software-Lizenzverträgen beschäftigt sich auch ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz vom 23. Januar 2012 (Entwurf eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung der Gläubigerrechte und zur Insolvenzfestigkeit von Lizenzen) , durch den die Insolvenzfestigkeit von Lizenzen im Gesetz festgeschrieben werden soll. Ziel ist es, durch eine Neuregelung den Wirtschafts- und Forschungsstandort Deutschland zu stärken.
Der nun veröffentlichte Entwurf kehrt zum Wahlrecht zurück, räumt dem Lizenznehmer jedoch im Falle der Erfüllungsverweigerung den Anspruch auf Abschluss eines neuen, angepassten, Lizenzvertrages gegenüber dem Insolvenzverwalter ein.
So heißt es in §108a Abs. 1 InsO-E:
„Lehnt der Insolvenzverwalter nach §103 die Erfüllung eines Lizenzvertrages ab, den der Schuldner als Lizenzgeber geschlossen hat, so kann der Lizenznehmer binnen eines Monats, nachdem die Ablehnung zugegangen ist, vom Verwalter oder einem Rechtsnachfolger den Abschluss eines neuen Lizenzvertrages verlangen, der dem Lizenznehmer zu angemessenen Bedingungen die weitere Nutzung des geschützten Rechts ermöglicht. Bei der Festlegung der Vergütung ist auch eine angemessene Beteiligung der Insolvenzmasse an den Vorteilen und Erträgen des Lizenznehmers aus der Nutzung des geschützten Rechts sicherzustellen; die Aufwendungen des Lizenznehmers zur Vorbereitung der Nutzung sind zu berücksichtigen, soweit sie sich werterhöhend auf die Lizenz auswirken.“
Betrifft die Insolvenz einen Unterlizenzgeber, besteht der Anspruch nach §108a Abs. 2 InsO-E unmittelbar gegen den Hauptlizenzgeber. Für den Lizenznehmer bestünde dann bis zum Abschluss eines neuen Lizenzvertrages die Möglichkeit, das lizenzierte Recht weiter zu nutzen. Nach Ablauf einer Drei-Monats-Frist wäre jedoch eine angemessene Vergütung sowie Erhebung einer Klage auf Abschluss des Vertrages Voraussetzung für eine weitere Nutzung (§108a Abs. 3 InsO-E). Länder und Verbände steht es nun frei, zu dem Entwurf bis zum 16. März Stellung zu nehmen.