Das Urheberrecht wird zunehmend zu einem Problem für Video-Plattformen wie TikTok. Das LG München hat nun TikTok wegen Urheberrechtsverletzung verurteilt und damit Rechteinhaber gestärkt. Das wurde auch Zeit.
Das Landgericht (LG) München I hat die Plattform TikTok wegen des öffentlichen Zugänglichmachens von Filmwerken zur Unterlassung und Auskunft sowie zu Schadensersatz verurteilt. TikTok dürfe geschützte Werke nicht einfach unentgeltlich nutzen und auf laufende Gespräche verweisen, wenn das Unternehmen die Verhandlungen um Lizenzen mit den Rechteinhabern nur zum Schein führe (LG München I, Az. 42 O 10792/22). Geklagt hatte Nikita Ventures, ein auf die Verbreitung digitaler Inhalte spezialisiertes Medienunternehmen.
Die vornehmlich von Nutzern generierten und hochgeladenen Videos werden von TikTok gespeichert, organisiert und anderen Nutzern öffentlich zugänglich gemacht. Nikita Ventures hatte TikTok auf diverse unberechtigte Veröffentlichungen verschiedener Filme auf der Plattform hingewiesen und angeboten, diese kostenpflichtig zu lizenzieren. Die zwischen den Parteien geführten Verhandlungen blieben allerdings ohne Ergebnis.
TikTok für unrechtmäßige Veröffentlichungen von Filmwerken zur Verantwortung gezogen
Das LG verurteilte nun TikTok, da die Plattform für die erfolgten öffentlichen Wiedergaben der Filmproduktionen urheberrechtlich verantwortlich sei und sich nicht auf eine Enthaftung nach § 1 Abs. 2 des Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) berufen könne. Während Nikita Ventures seinen Obliegenheiten bei den Lizenzverhandlungen nachgekommen sei und ein konkretes Angebot unterbreitete, habe TikTok die erforderlichen bestmöglichen Anstrengungen im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 1 UrhDaG vermissen lassen, um die angebotenen Nutzungsrechte zu erwerben.
Ob der Diensteanbieter bestmögliche Anstrengungen unternommen habe, sei auf Grundlage einer umfassenden Betrachtung des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu beurteilen. Nach den Leitlinien der EU-Richtlinie 2019/790 (Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt) seien die Verhandlungen zwischen den Diensteanbietern und Rechteinhabern fair und zügig zu führen, wobei für die konkrete Ausgestaltung auf bereits festgesetzte Verhandlungsgrundsätze zurückgegriffen werden könne, die im deutschen Recht ihre Umsetzung in § 36 des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (VGG) gefunden hätten und Ausdruck verallgemeinerbarer Grundsätze seien.
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Hinhaltetaktik TikToks nicht zulässig
Das konkrete Verhalten TikToks ließe nicht das Ziel erkennen, so das LG München, alsbald zu einem beiderseits interessengerechten Ergebnis zu gelangen. Die Verhandlungen seien vielmehr von einem einseitigen Informationsfluss Nikita Ventures in Richtung TikToks geprägt gewesen. Die Gespräche nur zum Schein zu führen und tatsächlich vielmehr eine Hinhaltetaktik an den Tag zu legen, ist aber nicht zulässig.
Da TikTok gegen seine Lizenzobliegenheit nach § 4 UrhDaG verstoßen habe, könne dahinstehen, ob TikTok seine Pflichten zur einfachen und qualifizierten Blockierung nach §§ 7, 8 UrhDaG erfüllt habe. Um in den Vorteil der Enthaftung zu kommen, habe TikTok die Pflichten aus §§ 4, 7 bis 11 UrhDaG gemeinsam zu erfüllen. Dies folge nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus dem regulatorischen Kontext der genannten Vorschriften. Die §§ 1 ff. UrhDaG bezweckten, dass Rechteinhaber wie Nikita Ventures, deren urheberrechtlich geschützte Inhalte auf Upload-Plattformen wie TikTok genutzt werden, an der dabei stattfindenden Wertschöpfung partizipieren können.
Die Entwicklung des Marktes für die Vergabe von Lizenzen zwischen Rechteinhabern und Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten solle so gefördert und den Rechteinhabern die Erzielung höherer Lizenzeinnahmen ermöglicht werden. Die angestrebte Teilhabe des Rechteinhabers an der Wertschöpfung liefe jedoch leer, wenn es der Diensteanbieter in der Hand habe, zwischen Lizenzierung und Blockierung zu wählen und sich im Falle eines Verstoßes gegen die Lizenzierungsobliegenheit auf die getroffenen Maßnahmen zur qualifizierten Blockierung (§ 7 UrhDaG) und einfachen Blockierung (§ 8 UrhDaG) zurückzuziehen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, stärkt aber dennoch die Stellung von Rechteinhabern und erhöht das Haftungsrisiko für Videoplattformen wie TikTok in besonderem Maße.