Ein Urheberrechte verletzendes Foto ist nicht mehr „öffentlich zugänglich“, wenn man es nur noch finden kann, in dem man eine ca. 70 Zeichen lange URL eingibt. Denn es entspreche der Lebenserfahrung, dass dann nur noch Nutzer Zugriff hätten, die das Foto vorab samt URL gespeichert haben, so der BGH. Geklagt hatte ein Berufsfotograf. Ein Ebay-Anbieter hatte dessen Fotos von Lautsprechern für eine Produktanzeige verwendet.

Wann ist ein Foto öffentlich zugänglich im Sinne des § 19a Urheberrechtsgesetz (UrhG)? Die Antwort auf diese Frage kann bares Geld wert sein. In diesem Fall für den Berufsfotografen, der von einem bereits zuvor abgemahnten Ebay-Anbieter eine Vertragsstrafe von 1000 Euro einklagen wollte. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat aber nun entschieden: Wenn das Foto nur noch für diejenigen auffindbar ist, die sich zuvor die ca. 70 Zeichen lange URL gespeichert haben, sei dies nicht mehr öffentlich. Der Fotograf ging also leer aus (Urt. v. 27.05.2021, Az. I ZR 119/20).

Ebay-Anbieter unterschrieb Unterlassungserklärung

Der Verkäufer bei Ebay-Kleinanzeigen hatte im Jahr 2013 insgesamt drei Foto von dem Berufsfotografen verwendet, um damit seine Angebote von Lautsprechern zu bebildern. Dafür mahnte ihn der Fotograf ab. Der Ebay-Verkäufer unterschrieb daraufhin eine Unterlassungserklärung, in der er sich dazu verpflichtete, diese Bilder nicht mehr „öffentlich zugänglich zu machen“. Sollte er gegen die Vereinbarung verstoßen, müsse er 1000 Euro Vertragsstrafe pro Verstoß zahlen.

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Ein knappes Jahr später wollte der Fotograf kontrollieren, ob die Bilder auch wirklich nicht mehr im Netz zu finden sind. Er gab die ca. 70 Zeichen lange URL ein – und stieß prompt auf die Bilder. Deshalb machte er die Vertragsstrafe geltend und forderte zudem Unterlassung.

Das wollte der Verkäufer nun aber nicht geltend lassen, schließlich waren die Fotos nur noch zugänglich, wenn man diese lange URL eingab. Ansonsten war das Angebot nicht mehr einsehbar.  

BGH: Foto nicht mehr öffentlich zugänglich

Screenshot ebay Kleinanzeigen (1.9.2021)

Der Bundesgerichtshof gab dem Verkäufer nun Recht, ebenso wie beide Vorinstanzen (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 16.06.2020, Az. 11 U 46/19; LG Frankfurt/Main, Urt. v. 10.04.2019, Az. 6 O 299/18).

Der Begriff „öffentlich zugänglich gemacht“, der in der Unterlassungserklärung verwendet werde, sei ebenso auszulegen wie der Begriff in § 19a UrhG.

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

§ 19a Urheberrechtsgesetz (UrhG)

Es handele sich um einen Unterfall der öffentlichen Wiedergabe, § 15 Abs. 2, 3 UrhG. Und dieser basiere wiederum auf Art. 3 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie (Richtlinie 2001/29/EG).

Eine „Öffentlichkeit“ werde nach der Richtlinie nur bei einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen erreicht. Mit dem Kriterium „recht viele Personen“ sei gemeint, dass der Begriff der Öffentlichkeit eine bestimmte Mindestschwelle enthält und eine allzu kleine oder gar unbedeutende Mehrzahl betroffener Personen ausschließt.

Genau dieses Kriterium sei eben nicht erfüllt, wenn man erst einmal eine 70-Zeichen lange URL eingeben müsse, um an das Foto heranzukommen. Damit beschränke sich der relevante Personenkreis faktisch auf diejenigen Personen, die diese Adresse zuvor – als das Foto vor Abgabe der Unterlassungserklärung noch im Rahmen der eBay-Anzeige des Beklagten frei war – abgespeichert oder sie sonst in irgendeiner Weise kopiert oder notiert haben oder denen die Adresse von solchen Personen mitgeteilt worden sei. Es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass außer dem klagenden Fotografen noch „recht viele“ andere Personen die URL-Adresse gekannt und Zugang zu dem Foto gehabt haben könnten.  

Dabei sei irrelevant, dass es sich bei Ebay-Kleinanzeigen um den weltweit größten online-Marktplatz handele. Ebenso die Frage, ob das Foto möglicherweise noch über die Google-Bildersuche auffindbar gewesen sein könnte. Denn zum einen hatte der Fotograf hierzu schon keine Beweise vorgelegt, zum anderen hatte er diesen Aspekt auch zu spät im Verfahren eingebracht, sodass er nicht mehr berücksichtigt werden konnte.

ahe