Share-online.biz, der größte deutsche Filehoster, ist nach einer Razzia abgeschaltet worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt – zunächst allerdings nur gegen die Betreiber. Doch auch die Uploader könnten ins Visier der Ermittler geraten, möglicherweise sogar private Nutzer. Außerdem könnten die Rechteinhaber, deren Filme dort zu finden waren, bald zahlreiche Abmahnungen versenden. Christian Solmecke, Rechtsanwalt und Partner bei WILDE BEUGER SOLMECKE, klärt, welche Risiken für Nutzer nun wirklich bestehen:
Am Mittwoch, dem 16. Oktober 2019 gegen 14:00 Uhr, wurde das Internet-Angebot von Share-Online.biz, dem größten auf den deutschsprachigen Markt ausgerichteten Filehosting-Dienst, durch Cybercrimespezialisten (ZAC NRW) der Staatsanwaltschaft Köln und des Polizeipräsidiums Aachen abgeschaltet. In Deutschland wurden Wohn- und Geschäftsräume in mehreren Bundesländern durchsucht, weitere Razzien fanden in Frankreich und einem niederländischen Rechenzentrum statt. Dabei wurde umfangreiches Beweismaterial sichergestellt.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt, zunächst nur gegen die Betreiber der Plattform. Der Vorwurf gegen drei Beschuldigte im Alter von 40, 48 und 54 Jahren lautet auf Beihilfe zur gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in einer Vielzahl von Fällen. Doch man prüft derzeit, ob möglicherweise auch Uploader und Downloader identifiziert werden können. Der Schwerpunkt liege dabei auf den Top-Uploadern.
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Worum handelt es bei Share-online.biz?
Share-Online.biz ist ein sogenannter Filehosting-Dienst, der seinen Nutzern Speicherplatz zum Hochladen von Dateien anbietet, die dann mittels eines Download-Links wieder heruntergeladen werden können.
Während beim Filesharing jeder Nutzer automatisch zugleich hoch- und herunterlädt, ist es bei Filehostern möglich, die Datei nur herunterzuladen bzw. zu streamen. Der Upload ist also anders als beim Filesharing nicht notwendig, um die Filme zu konsumieren. Bei Filesharing-Abmahnungen lautet der Vorwurf immer, dass die Nutzer Werke hochgeladen und damit anderen zur Verfügung gestellt haben. Hochgeladen werden die Werke bei Filehostern aber nur von wenigen Nutzern, die darüber häufig Geld verdienen.
Der nun hochgenommene Dienst ist auch in der Piraterie-Szene beliebt. So zählen einschlägig bekannte Portale wie DDL-Warez.to, Serienjunkies.org oder Canna.to zu den Seiten, die am häufigsten auf Share-Online verlinken. Den Rechteinhabern wurde das Vorgehen gegen die unerlaubt hochgeladenen Angebote durch den hauseigenen Link-Verschlüsselungsdienst Share-Links erschwert, zudem lag der Firmensitz offiziell in Belize. Zwischen 2008 und 2017 sollen die Betreiber des Filehosters Umsätze von über 50 Millionen Euro generiert haben, zuletzt lag die Serverkapazität im zweistelligen Petabyte-Bereich.
Das von den Beschuldigten betriebene Onlineportal stellt nach gegenwärtigen Erkenntnissen den größten in Deutschland betriebenen Filehoster dar. Bei Share-Online.biz wurden auf mehreren Hundert Servern millionenfach Dateien gehostet, zwischen sechs und zehn Millionen Besucher verzeichnete die Seite monatlich. Über diese sollen in erheblichem Umfang urheberrechtlich geschützte Werke wie Kinofilme, Serien, Erotikproduktionen oder Musikstücke zum Download angeboten worden sein, wobei die Raubkopien zuvor durch registrierte Nutzer auf der Plattform hochgeladen worden waren. Dafür sollen die Uploader nach Maßgabe eines detaillierten Punktesystems unter Berücksichtigung von Dateigröße und Downloadanzahl durch die Beschuldigten vergütet worden sein.
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Droht eine Abmahnwelle gegen Nutzer der Plattform?
Anders als beim Filesharing, bei dem eine Ermittlung von IP-Adressen einfach ist, ist beim Filehosting die IP-Adresse nur dem illegalen Portal bekannt. Diese speichern aber häufig keine IP-Adressen, sodass eine Ermittlung der Nutzer meist nur möglich sein dürfte, wenn diese mit Klarnamen registriert sind. Und selbst wenn die IP-Adresse gespeichert wurde, ist sie wegen der geringen Speicherdauer beim Provider nur innerhalb von wenigen Tagen zurückverfolgbar. Wenn Klarnamen tatsächlich gespeichert sind, könnte ein Vorgehen allerdings einfacher und günstiger sein, als den Namen des Anschlussinhabers hinter einer IP-Adresse zu ermitteln.
Wenn die Nutzer aber ermittelbar sind, könnten die Rechteinhaber, deren Werke dort angeboten wurden, über eine Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft an die Daten kommen und die Nutzer theoretisch abmahnen. Doch auch in diesem Fall sind nicht alle Nutzer gleichermaßen bedroht:
Zunächst einmal dürften hier die illegalen Uploader von urheberrechtlich geschütztem Material ins Visier der Rechteinhaber kommen, denn diese verdienen durch das illegale Hochladen z.B. eines aktuellen Blockbuster-Films sogar Geld, u.a. durch geschaltete Werbung beim Bereitstellen eines Links zum Content bei kinox.to. Bei ihnen haben die Rechteinhaber ein großes Interesse an einer Abmahnung, da der Schaden, der durch ihr Verhalten entstanden ist, besonders groß ist und deshalb hohe Summen gefordert werden können.
Nutzer, die Werke nur zu privaten Zwecken heruntergeladen oder gestreamt haben, verletzen zwar ebenfalls Urheberrechte, wenn die Quelle offensichtlich rechtswidrig war. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2017 in seinem Urteil „Filmspeler“ entschieden. Offensichtlich rechtswidrig ist z.B. das kostenlose Angebot eines aktuellen Kino-Blockbusters oder einer brandaktuellen Serie eines Bezahlsenders wie Netflix. Hier muss Nutzern klar sein, dass diese nicht umsonst an anderer Stelle im Netz angeboten werden. Allerdings ist der entstandene Schaden regelmäßig viel geringer, weil keine Dateien bzw. Streams weiterverbreitet, sondern lediglich konsumiert werden. Daher haben die Rechteinhaber möglicherweise kein Interesse an einem Vorgehen gegen diese Nutzer. Bisher hat es jedenfalls noch keine Abmahnungen wegen illegalen Streamings oder bloßen Downloads gegeben.
Drohen Nutzern strafrechtliche Ermittlungen?
Tatsächlich ist sowohl der Upload- als auch der Download eine Straftat nach § 106 Urheberrechtsgesetz. Hier droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Handeln die Täter sogar gewerblich, drohen nach § 108a UrhG sogar bis zu fünf Jahren Gefängnis.
Medienberichten ermittelt die Staatsanwaltschaft zunächst gegen die Betreiber der Plattform wegen Beihilfe. Sie hat aber bereits angekündigt, ihre Ermittlungen möglicherweise sowohl auf Up- als auch Downloader auszuweiten. Im Fokus sind aber vor allem die Top-Uploader.
ahe/tsp