Im Rahmen einer Abmahnung machen die betroffenen Rechteinhaber unter anderem einen Unterlassungsanspruch geltend. Zur Durchsetzung dieses Unterlassungsanspruches fordern sie von den Abgemahnten die Abgabe einer „strafbewehrten Unterlassungserklärung“. Wird diesem Verlangen nicht nachgekommen, haben die Rechteinhaber die Möglichkeit, den Unterlassungsanspruch im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – und hier im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens – durchzusetzen.
Einige Anwälte raten Betroffenen in der letzten Zeit vermehrt von der Abgabe strafbewehrter Unterlassungserklärungen im Zusammenhang mit Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen ab.
Diese Unterlassungserklärungen seien nicht notwendigerweise abzugeben, vielmehr sei die Hinterlegung von sogenannten „Schutzschriften“ sinnvoller.
Aber was ist eine solche Schutzschrift überhaupt und wozu dient sie?
Das einstweilige Verfügungsverfahren stellt ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz dar und dient der Sicherung eines nicht auf Geld gerichteten Anspruchs.
Da wichtige Interessen des Anspruchsstellers betroffen sind und eine Wiederholung der Verletzungshandlung droht, hat der betroffene Rechteinhaber ein Interesse daran, seine Interessen und Rechtsgüter möglichst schnell zu schützen. Daher besteht bei Glaubhaftmachung des behaupteten Anspruchs die Möglichkeit, gegen den Verletzenden eine einstweilige Verfügung zu erwirken. In einem solchen Eilverfahren ergeht die Entscheidung des Gerichts in der Form des Beschlusses.
Im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens kann das entscheidende Gericht nach seinem Ermessen vor seiner Entscheidung zunächst eine Anhörung des Antragsgegners anordnen oder auf eine solche Anhörung verzichten und ohne mündliche Verhandlung über den Antrag entscheiden. Da in den meisten Fällen auf eine Anhörung verzichtet wird, ergeht die einstweilige Verfügung meist direkt auf Antrag des Betroffenen. Eine Verteidigung des Antragsgegners ist dann erst nachträglich durch Einlegung eines Widerspruchs möglich.
Betroffene, die mit einem einstweiligen Verfügungsverfahren zu ihren Lasten rechnen, haben die Möglichkeit bei Gericht eine sogenannte Schutzschrift zu hinterlegen, um den Erlass eines Verfügungsbeschlusses ohne mündliche Verhandlung zu verhindern.
Was ist der Unterschied zwischen einer Schutzschrift und einer Unterlassungserklärung?
Mit der Hinterlegung einer solchen Schutzschrift ist der behauptete Unterlassungs- und Verpflichtungsanspruch des betroffenen Rechteinhabers nicht erfüllt. Die Hinterlegung stellt vielmehr lediglich einen Versuch dar, sich vor dem Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen diese zu verteidigen. Besteht jedoch der Unterlassungsanspruch gegenüber dem Abgemahnten, so hindert die Hinterlegung einer Schutzschrift die Durchsetzbarkeit des Anspruchs im Wege eines einstweiligen Verfahrens nicht. Im Gegensatz dazu erfüllt die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung den Anspruch des Betroffenen. Ein weiteres Vorgehen gegen den Abgemahnten ist dem Betroffenen diesbezüglich nicht mehr möglich, insbesondere kann es nicht mehr zu einem einstweiligen Verfügungsverfahren kommen.
Nachteil der Verwendung von Schutzschriften
Wie jedes andere gerichtliche Verfahren, so ist auch das einstweilige Verfügungsverfahren mit Kosten verbunden. Auch hier gilt zunächst der Grundsatz, dass derjenige die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, der das Verfahren verliert.
Die Kosten werden hierbei anhand von sogenannten „Streitwerten“ berechnet. Bei einstweiligen Verfügungsverfahren aufgrund Urheberrechtsverletzungen wird der Streitwert durch die abmahnenden Kanzleien in der Regel auf einen Betrag zwischen 10.000 € und 30.000 € pro betroffenen, geschützten Rechtsgut, also beispielsweise pro Lied, festgesetzt. Diese Summe erscheint sehr hoch, entspricht aber gerichtlicher Praxis. Bei einer Abmahnung bezüglich eines Streitwertes von 30.000 € beläuft sich das Prozesskostenrisiko schon auf über 5.500 €.
Die Antragsgegner sind daher in diesen Fällen einem erheblichen Kostenrisiko ausgesetzt.
Im Gegensatz dazu ist das Kostenrisiko nach der Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung weitaus geringer. In diesem Fall kann die abmahnende Kanzlei lediglich die ebenfalls in der Abmahnung geforderten Auslagen für ihre Anwaltskosten und ggfs. weitergehende Schäden ersetzt verlangen. Diese können allerdings nicht im Wege einer einstweiligen Verfügung beigetrieben werden, sondern müssten im Wege eines gerichtlichen Verfahrens eingeklagt werden, wobei der Streitwert hier von vorneherein auf die geltend gemachten Gebühren beschränkt ist und nicht wie im Verfügungsverfahren bezüglich der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung anhand eines „Fantasiewertes“ bestimmt wird.
Des Weiteren hat die Verwendung von Schutzschriften erhebliche weitere Nachteile gegenüber der Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung.
Zunächst führt die Hinterlegung einer Schutzschrift nicht automatisch zu einer Anhörung des Antragsgegners vor Erlass einer einstweiligen Verfügung. Kommt der entscheidende Richter zu der Überzeugung, dass die Argumente aus der Schutzschrift nicht durchgreifen, so kann er auch hier – nach seinem Ermessen – auf eine Anhörung verzichten und eine einstweilige Verfügung erlassen. Die Hinterlegung der Schutzschrift läuft dann ins Leere.
Schließlich gilt es zu beachten, dass es sich bei den hier betrachteten Urheberrechtsstreitigkeiten um Internetstreitigkeiten handelt, bei denen der sogenannte „fliegende Gerichtsstand“ gilt. Der Abmahnende kann den Antrag innerhalb Deutschlands bei einem Gericht seiner Wahl stellen. Allein um die ohnehin geringe Schutzwirkung der Schutzschriften überhaupt erreichen zu können, müsste bei jedem Gericht in Deutschland eine Schutzschrift bezüglich des Einzelfalles hinterlegt werden. Dieser Arbeitsaufwand steht in keinem Verhältnis zu dem erreichbaren Erfolg.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Hinterlegung von Schutzschriften die Verpflichtung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung nicht effektiv verhindern können. Diese Verfahrensweise stellt lediglich eine risikoreiche Möglichkeit dar, sich vorsorglich gegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu verteidigen. Neben der Gefahr weiterer erheblicher Kosten, die der Abgemahnte häufig zahlen muss, ist eine gezielte Hinterlegung schon gar nicht möglich.
In jedem Fall empfiehlt es sich, eine auf dem Gebiet der Filesharing-Abmahnungen versierte Kanzlei mit der Entwicklung einer abgeänderten Unterlassungserklärung zu beauftragen, die in vielen Fällen auch die mit den Abmahnungen verlangten Zahlungen zurückweisen können wird. Die inzwischen über 3000 Mandanten auf Gebiet des Filesharings vertretende Kanzlei Wilde & Beuger steht Ihnen hierbei gerne kompetent zur Seite. Unter der Filesharing-Hotline 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit) können Sie sich unverbindlich ausführlicher beraten lassen.