Das LG München I hat dem Forschernetzwerk ResearchGate verboten, seinen Nutzern wissenschaftliche Zeitschriftenartikel von zwei Verlagen zugänglich zu machen. Die betroffenen Publikationen waren ohne Zustimmung der Verlage über die Plattform geteilt worden. ResearchGate steht bereits seit längerem wegen möglicher Urheberrechtsverletzungen in der Kritik.
ResearchGate ist ein soziales Netzwerk zum Austausch zwischen Wissenschaftlern und eine Datenbank, die auch als Dokumentenserver für Publikationen genutzt wird. Zwei Wissenschaftsverlage, der Elsevier Verlag und die American Chemical Society (ACS), kritisierten, dass Artikel aus ihren Publikationen ohne ihr Einverständnis auf der Plattform zu finden waren und klagten dagegen. Das Landgericht (LG) München I gab ihnen nun Recht und untersagte den ResearchGate-Betreibern die Verbreitung verlagsgebundener Artikel. Einen Schadensersatzanspruch der Verlage lehnten die Richter aber ab (Urt. v. 31.01.2022, Az. 21 O 14450/17).
Verlage gehen gegen ResearchGate vor
Der Elsevier Verlag und die ACS hatten dagegen geklagt, dass zahlreiche Artikel auf ResearchGate zugänglich gemacht worden waren, und ein Verbot der Publikation auf der Plattform beantragt. Sie betonten dabei, es handele sich um ihr geistiges Eigentum, da sie die betroffenen Artikel in ihren Fachzeitschriften veröffentlicht hätten.
Die beiden Verlage sind Mitglieder der 2017 gegründeten „Coalition for Responsible Sharing“ (CfRS), die das Ziel verfolgt, eine unzulässige Verbreitung von Artikeln aus Fachzeitschriften zu unterbinden. Der CfRS gehören inzwischen 13 Wissenschaftsverlage an, darunter auch Fachgesellschaften und Non-Profit-Unternehmen. Ihr primäres Ziel ist das Netzwerk ResearchGate, das nach Schätzung der Initiative mehr als vier Millionen Artikel unerlaubt auf seiner Plattform zugänglich macht.
Neben der Einleitung rechtlicher Schritte haben die Verlage in der Vergangenheit bereits mehr als 500.000 Takedown-Benachrichtigungen an ResearchGate gesendet, weil das Unternehmen aus ihrer Sicht urheberrechtsverletzende Inhalte verbreitet. Im September 2021 entfernte die Plattform circa 200.000 Publikationen, nachdem sie vom Elsevier Verlag und der ACS dazu aufgefordert worden war.
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Plattformbetreiber weisen Verantwortung von sich
In der Verhandlung vor dem LG war vor allem die Frage, ob den Verlagen überhaupt die Rechte an den Artikeln zustehen, sehr umstritten. Das liegt daran, dass die Verlage ihren Sitz in den USA, Großbritannien und den Niederlanden haben, und die Artikel von multinationalen Autorenteams verfasst wurden. ResearchGate argumentierte, man könne nicht für das Zugänglichmachen der Inhalte verantwortlich gemacht werden, da die Nutzer selbst diese auf der Plattform hochladen würden.
LG untersagt Zugänglichmachen der Artikel
Das Gericht stellte sich nun zumindest teilweise auf die Seite der Verlage und verbot den Plattformbetreibern das Zugänglichmachen der Artikel. Die Verlage hätten ihre Rechteinhaberschaft hinreichend belegt und die Betreiber seien für den Inhalt der Plattform auch verantwortlich.
Einen Schadenersatzanspruch der Verlage lehnten die Richter allerdings mit der Begründung ab, dass im Falle eines Schadensersatzbegehrens höhere Anforderungen an den Nachweis der Rechtsinhaberschaft bestünden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
lrü