Wer wegen einer Urheberrechtsverletzungen auf YouTube gegen einen Dritten im Wege der Einstweiligen Verfügung vorgeht, der muss zuvor den Verletzer abmahnen. Dies gilt auch dann, wenn zuvor das YouTube-Beschwerdeverfahren (Strike und Counter-Notification) durchgeführt wurde. Wenn keine Abmahnung ausgesprochen wird, trägt man im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses des Dritten die Kosten des Gerichtsverfahrens, so das LG Köln.

Im Verfahren vor dem Landgericht (LG) Köln ging es um die unerlaubte Veröffentlichung eines Videos auf YouTube. Ein Medienunternehmen, welches vornehmlich Nutzungsrechte an Werken albanischer Künstler sowie albanischer Medienunternehmen inne hat und diese verwertet, besaß u.a. an einem Video über einen länger zurückliegenden Unfall die Nutzungsrechte. Das Video lief zunächst in einer Nachrichtensendung und wurde dann auch auf dem Kanal des Unternehmenskunden auf YouTube veröffentlicht.  

Nachdem das Medienunternehmen erfuhr, dass das Video darüber hinaus auch von Dritter Seite auf YouTube veröffentlicht worden war, leitete es wegen Urheberrechtsverletzung ein Beschwerdeverfahren auf YouTube ein (sog. Strike-Verfahren).

YouTube sperrte daraufhin auch zunächst das Video auf dem Drittkanal, doch der betroffene YouTuber reagierte per Gegendarstellung (sog. Counter-Notification). 

In der Folge teilte YouTube dem Medienunternehmen mit, dass der Inhalt wieder freigeschaltet werde, wenn das Unternehmen nicht binnen 10 Tage nachweise, dass es auch gerichtlich gegen Urheberrechtsverletzung vorgehe. Daraufhin leitete das Unternehmen umgehend ein einstweiliges Verfügungsverfahren am LG Bonn ein, welches das Verfahren an das LG Köln übergab.

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YouTube-Beschwerdeverfahren ersetzt keine Abmahnung

Die Kosten wurden dem Medienunternehmen auferlegt, da der YouTuber den Antrag sofort anerkannt hatte und es somit nach Überzeugung des LG keine Veranlassung für das einstweilige Verfügungsverfahren gegeben habe (LG Köln, Urt. v. 22.07.2024, Az. 14 O 192/24).

Vielmehr sei vor dem Einleiten eines einstweiligen Verfügungsverfahrens wegen Urheberrechtsverletzungen grundsätzlich eine Abmahnung erforderlich. Erst wenn darauf nicht entsprechend reagiert werden, könne man weitere Schritte einleiten. Das Beschwerdeverfahren bei YouTube ersetze jedenfalls nicht das Abmahnerfordernis, so das LG Köln.  Dies aber sei noch nicht abschließend geklärt.

Das LG Köln jedenfalls ist davon überzeugt, dass eine YouTube-Beschwerde grundsätzlich nicht einer urheberrechtlichen Abmahnung gleichstehe und diese auch grundsätzlich nicht entbehrlich mache.

Auch die sog. Counter-Notification des YouTubers führe nicht zur Annahme, dass er dadurch hinreichend Veranlassung zur Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen ihn gegeben habe.

Eine Abmahnung sei daher vor der Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens wegen Urheberrechtsverletzungen grundsätzlich notwendig, um anschließend nicht die Kosten gemäß § 93 ZPO tragen zu müssen. Auch ein Ausnahmefall sei hier nicht gegeben. Denn weder hätte aus zeitlichen, noch aus sachlichen Gründen eine vorherige Abmahnung zu einem unzumutbaren Nachteil des Medienunternehmens geführt.

Das YouTube-System von „Strikes“ und „Counter Notifications, welches den gesetzlichen Anforderungen etwa von § 14 UrhDaG bzw. §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 UrhDaG oder Art. 16 DSA entspreche, habe einen gänzlich anderen Sinn und Zweck als das grundsätzliche Abmahnerfordernis. Deshalb sei die Beschwerdemöglichkeit von Rechteinhabern nach Ansicht des LG Köln grundsätzlich nicht gleichwertig oder sogar vorrangig zu einer Abmahnung.

Beurteilung einer Urheberrechtsverletzung ist Aufgabe der Gerichte

Die genannten Normen würden vor allem Anforderungen an Plattformen betreffen, mit denen YouTube und Co. eine eigene urheberrechtliche Haftung abwenden könnten, die sich durch Urheberrechtsverletzungen ergeben könnten. Das System diene zwar auch der Unterbindung von Rechtsverletzungen im Interesse der Rechtsinhaber, jedoch seien YouTube und Co. keine Ersatz- oder Spezialgerichte für Rechtsverletzungen im Internet.

YouTube habe daher richtigerweise das Medienunternehmen darauf hingewiesen, dass es binnen 10 Tagen gerichtlich gegen die öffentliche Zugänglichmachung vorzugehen habe. Denn die Frage, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliege, bleibe den Gerichten vorbehalten. Dann wiederum sei aber eine Abmahnung nach § 97a Abs. 1 UrhG der Regelfall. Die von YouTube gewährten 10 Tage würden auch ohne Weiteres für eine Abmahnung mit einer angemessenen Frist genügen und danach der Einreichung eines Verfügungsantrags.