Wer ein vom Dieselskandal betroffenes Auto gekauft hat, kann möglicherweise ein Neufahrzeug vom Händler verlangen. Zumindest dann, wenn man diesen Anspruch rechtzeitig innerhalb von 2 Jahren ab Übergabe des Fahrzeugs geltend gemacht hat. Der BGH könnte nun ein Machtwort sprechen und vielen Autokäufern, deren Gerichtsverfahren noch offen sich, zu ihrem Recht verhelfen.

Von Jakub „Flyz1“ Maciejewski – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0.

Am 8. Dezember wird sich der BGH erneut mit der Frage befassen, ob der Käufer eines manipulierten Diesel-Fahrzeugs einen Neuwagen verlangen kann (Az. VIII ZR 190/19), wenn die Klage – wie hier – rechtzeitig erhoben wurde. In der Vergangenheit hatte sich der BGH bereits mehrmals recht verbraucherfreundlich in dieser Frage gezeigt. Nun hat er die Gelegenheit, endlich Klartext zu reden und Rechtssicherheit zu schaffen.

Darum ging es in dem Fall

Der klagende Autokäufer erwarb im Juni 2015 bei der beklagten Fahrzeughändlerin einen neuen Volkswagen Caddy III mit einem Dieselmotor EA 189. Der Motor des Wagens stellte sich später als manipuliert heraus. Nachdem dies öffentlich bekannt geworden war, informierte der Fahrzeughersteller den Autobesitzer im Dezember 2016, dass für sein Fahrzeug nunmehr ein Software-Update zur Verfügung stehe.

Dieser lehnte es jedoch ab, das Update aufspielen zu lassen. Die Installation des Updates führe zu einer anderen Abschalteinrichtung („Thermofenster“), zu Folgeschäden (Leistungsverlust, höherer Kraftstoffverbrauch u.a.) und zu einem merkantilen Minderwert des Fahrzeugs.

Stattdessen verlangte der Käufer im Mai 2017 von der Händlerin ein neues Fahrzeug als Ersatz für das manipulierte. Konkret verlangte er das zwischenzeitlich auf den Markt getretene Nachfolgemodell Volkswagen Caddy IV. Dabei berief er sich auf sein Recht, nach § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich frei zwischen der Nachbesserung und der Nachlieferung einer mangelfreien Sache zu wählen.

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Dies jedoch verweigerte die Händlerin – unter anderem mit der Begründung, dass die Kosten einer Neulieferung (11.849,10 €) im Vergleich zu den Kosten einer Nachbesserung durch das Software-Update unverhältnismäßig gemäß § 439 Abs. 3 BGB seien.

Am 8. Dezember hat der BGH nun die Gelegenheit, sich in dieser Sache endgültig zu äußern und Rechtssicherheit für viele noch anhängige Verfahren zu schaffen. Die Chancen, dass der BGH ein verbraucherfreundliches Urteil fällen wird, stehen sehr gut.

BGH hat bereits zuvor verbraucherfreundlich entschieden

Der BGH hatte bereits in einem Hinweisbeschluss vom 8. Januar 2019 (Az. VIII ZR 225/17) gesagt, Käufer hätten einen Anspruch auf die Lieferung einer mangelfreien Sache, also auch eines Neufahrzeugs. Der Anspruch darauf sei auch nicht unmöglich, weil das alte Modell nicht mehr verfügbar sei. Allerdings entschied der BGH nicht in der Frage, ob die Ersatzlieferung wegen der hohen Kosten unverhältnismäßig sei.  

Am 21. Juli 2021 hatte er diese Auffassung in mehreren Urteilen zum Thema „Ersatzlieferung“ bekräftigt (Az. VIII ZR 254/20, VIII ZR 118/20, VIII ZR 275/19 und VIII ZR 357/20). Grundsätzlich könne sich der Anspruch auf Nachlieferung auch auf ein Nachfolgemodell erstrecken. In den konkreten Fällen scheiterten die grundsätzlich berechtigten Ansprüche lediglich daran, dass die Käufer sie nicht rechtzeitig innerhalb der kaufrechtlichen Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche von zwei Jahren ab Vertragsschluss gegenüber dem Verkäufer geltend gemacht hatten, sondern erst sieben bzw. acht Jahre später. Im nun zu entscheidenden Fall hatte der Autokäufer hingegen rechtzeitig geklagt.

ahe