Einmal mehr gibt es gute Nachrichten aus Karlsruhe für Dieselkäufer. Vom Abgasskandal Betroffene können vom Hersteller nicht nur ihren Kaufpreis zurückerstattet bekommen. Wurde der Kaufpreis durch einen Kredit finanziert, bekommen sie auch die Finanzierungskosten, wie die Darlehenszinsen oder die Kosten für eine Kreditausfallversicherung, erstattet. Das hat der BGH heute entschieden.
Diesel-Käufer können sich weiterhin über umfangreiche Schadensersatzsansprüche für ihre manipulierten Fahrzeuge freuen. Heute entschied der 6. Zivilsenat des Bundesgerichtshof (BGH), welcher für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständig ist, über eine wichtige Frage zum Umfang des Schadensersatzanspruchs gegen den Hersteller, hier VW (Urteil vom 13. April 2021 – VI ZR 274/20). Der Käufer bekommt neben dem Kaufpreis Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs nun auch die Finanzierungskosten zurückerstattet, wenn er den Autokauf mit einem Darlehensvertrag finanziert hat.
Zum Hintergrund des Verfahrens
Die klagende Käuferin erwarb im Februar 2013 von einem Autohaus einen gebrauchten VW Golf. Den Kaufpreis bezahlte sie zum Teil in bar, den Rest finanzierte sie mit einem Darlehen der Volkswagen Bank. Das Fahrzeug der Käuferin war mit dem manipulierten Motor des Typs EA189, Schadstoffnorm Euro 5, ausgestattet. Dieser Motor hatte eine Steuerungssoftware, die erkannte, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand oder im normalen Straßenverkehr befand. Im Prüfstandbetrieb führte die Software zu einer erhöhten Abgasrückführung im Vergleich zum Normalbetrieb, wodurch die Grenzwerte für Stickoxidemissionen der Abgasnorm Euro 5 auf dem Prüfstand eingehalten werden konnten. Der BGH hatte in einem Sensationsurteil vom 25. Mai 2020 bereits entschieden, dass die Ausstattung eines Fahrzeugs mit dem Motor des Typs EA 189 grundsätzlich dazu berechtige, Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung geltend zu machen.
Die Parteien stritten zuletzt noch darüber, ob die Finanzierungskosten, die der Käuferin in Höhe von 3.275,55 € für Darlehenszinsen und eine Kreditausfallversicherung entstanden waren, erstattungsfähig seien.
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Auch kein Vorteilsausgleich infolge der Finanzierung nötig
Diese Frage haben die Bundesrichter nun mit einem klaren Ja beantwortet.
Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution ist ein Geschädigter mit einem Anspruch auf Schadensersatz so zu stellen, als wäre der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten. Auf den Sachverhalt übertragen, stellten die Bundesrichter klar, dass die Käuferin nach §§ 826, 249 Abs. 1 BGB so gestellt werden müsse, als wäre es nicht zu dem Fahrzeugerwerb gekommen. Hätte sie das Fahrzeug nicht gekauft, hätte sie den Kaufpreis nicht mit einem Darlehen der Volkswagen Bank teilweise finanziert. VW habe daher neben dem Kaufpreis für das Fahrzeug auch die Finanzierungskosten in voller Höhe zu erstatten.
Der zu ersetzende Schaden müsse in seinem Umfang auch nicht durch einen Vorteilsausgleich gemindert werden, so der 6. Zivilsenat. Die Finanzierung verschaffte der Käuferin keinen Liquiditätsvorteil im Vergleich zu dem Zustand, der bestanden hätte, hätte sie vom Kauf Abstand genommen. Die Finanzierungskosten erhöhten auch nicht den objektiven Wert des Fahrzeugs und vergrößerten damit nicht den Gebrauchsvorteil, den die Käuferin aus der Nutzung des Fahrzeugs gezogen habe.
Vorinstanzen entschieden bereits verbraucherfreundlich
Das Landgericht (LG) Köln hatte mit Urteil von Juli 2019 (Urteil vom 19. Juli 2019, Az. 16 O 406/18) bereits bestätigt, dass die Käuferin ihre Finanzierungskosten zurückverlangen könne. Auch in der Berufungsinstanz vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln (Urteil vom 19. Februar 2020, Az. 27 U 52/19) war im Februar 2020 verbraucherfreundlich entschieden worden. Daraufhin legte VW Revision ein. Der BGH hat das angefochtene Urteil nun bestätigt und die Revision zurückgewiesen.
mle