In einer weiteren Schadensersatzklage gegen die VW AG im Abgasskandal, hat das OLG Karlsruhe den Schadensersatzumfang präzisiert. Dieselkäufer haben danach auch Anspruch auf Ersatz der Kosten für einen Kreditschutzbrief und auf Zinsen ab Zahlung des Kaufpreises.
In einem weiteren Urteil hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe den Umfang des Schadensersatzanspruchs eines Dieselkäufers gegen die Volkswagen AG (VW AG) weiter präzisiert.
Nach Überzeugung der Karlsruher Richter umfasse der Ersatzanspruch auch die Kosten eines Kreditschutzbriefes und sog. Deliktszinsen für geleistete Zahlungen. Nutzungsvorteile für gefahrene Kilometer seien indes abzuziehen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 19.11.2019, Az. 17 U 146/19).
VW Touran Käufer klagte auf Rückzahlung des Kaufpreises
Der klagende Autokäufer hatte im Jahr 2013 einen gebrauchten und mit dem Motor EA 189 ausgestatteten VW Touran, 2,0 l TDI, 103 kW erworben. Er hatte den Kaufpreis von 16.700 EUR teilweise durch ein Darlehen finanziert und einen (mitfinanzierten) Kreditschutzbrief abgeschlossen.
Er verlangte von der VW AG als Schadensersatz u.a. die Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises und der bisher an die finanzierende Bank gezahlten Darlehensraten Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges.
Das Landgericht (LG) Karlsruhe hatte der Klage zunächst erstinstanzlich teilweise stattgegeben. Das Gericht hatte dem Kläger jedoch nicht die verlangten Zinsen zuerkannt (Az. 21 O 134/18).
Gegen das Urteil hatten sowohl der vom Abgasskandal geschädigte Käufer, als auch VW Berufung eingelegt.
Welche Ansprüche habe ich?:
Soforthilfe vom Anwalt
Sie brauchen rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an für eine kostenlose Ersteinschätzung oder nutzen Sie unser Kontaktformular.
VW haftet wegen sittenwidriger Schädigung
Das OLG Karlsruhe hat nun das Urteil teilweise abgeändert. Nach Auffassung der OLG-Richter hafte die VW AG wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB (so bereits, Urteil vom 18. Juli 2019, Az. 17 U 160/18). Der Kläger könne daher den gezahlten Kaufpreis und die an die finanzierende Bank erbrachten Raten zurückfordern. Auch habe er Anspruch auf Ersatz der Kosten für den mit dem Darlehensvertrag abgeschlossenen Kreditschutzbrief.
Der Käufer müsse sich aber für die von ihm gefahrenen 117.000 km einen Nutzungsvorteil in Höhe von 9.728 EUR anrechnen lassen. Basis dieser Berechnung ist eine erwartete Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 250.000 km.
Das Urteil ist auch deshalb bemerkenswert, da anders als der für die südbadischen Landgerichtsbezirke zuständige 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe in Freiburg, der 17. Senat in Karlsruhe dem Kläger “Deliktszinsen“ in Höhe von 4 % jährlich (§ 849 BGB), hier ab Zahlung der Darlehensraten zugesprochen hat.
Die Frage der Haftung der VW AG wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung in „Dieselfällen“ und die Frage, ob Dieselkäufer von der VW AG Deliktszinsen fordern können, wird von verschiedenen Oberlandesgerichten unterschiedlich beurteilt.
Da diese Fragen bislang durch den Bundesgerichtshof (BGH) nicht geklärt sind, wurde die Revision zugelassen.
Ihre Ansprüche im Überblick
Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises
Rückgabe gegen Neuwagen
Schadensersatz-Zahlung für Ihren Wertverlust
Aus der Sicht unserer Rechtsexperten von WILDE BEUGER SOLMECKE bestehen diverse Ansprüche gegenüber Händlern und Hersteller. Dies gilt nicht nur für Mercedes-Besitzer, sondern u.a. auch für alle VW-Geschädigten.
1. Gegen Ihren Händler
Gegen Ihren Händler können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Gewährleistungsansprüche geltend machen.
In Betracht kommt die Lieferung eines gleichwertigen und mangelfreien Fahrzeugs, also eine sog. Nachlieferung. Als Geschädigtem steht Ihnen daher die Lieferung eines Neuwagens ohne manipulierte Software zu.
Auch kommt eine angemessene Minderung des Kaufpreises sowie der Rücktritt vom Kaufvertrag in Betracht. Ein Rücktritt hätte zur Folge, dass Sie als Kunde Ihr Fahrzeug zurückgeben und Ihr Geld zurückerhalten. Dies kann auch durch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erreicht werden.
2. Gegen Ihren Hersteller
Gegen Mercedes bestehen ebenfalls Ansprüche. Wenn Sie ein manipuliertes Fahrzeug besitzen, haben Sie Anspruch auf Schadensersatz gegen Ihren Hersteller.
Geschädigte haben die Möglichkeit, individuell gegen den Hersteller Mercedes Klage zu erheben. Hier stehen die Chancen derzeit enorm hoch!
Warten Sie nicht, bis der Hersteller aktiv wird und Sie Post erhalten, denn das kann dauern. Werden Sie selbst aktiv und holen Sie sich ihre Entschädigung, denn dies ist Ihr gutes Recht!
Es bedarf in diesem Fall keines offiziellen Rückrufs. Dies haben Gerichte bereits mehrfach entschieden und Kunden einen Schadensersatzanspruch zugesprochen.
3. Widerruf Autokredit
Für Sie als Betroffener des Abgasskandals, bietet sich darüber hinaus eine weitere Option, der sog. Auto-Widerrufsjoker. Für Sie kann der Widerruf Ihres Autokredites sehr lukrativ sein, denn infolge eines wirksam erklärten Widerrufs geben Sie Ihr gebrauchtes Auto zurück an die finanzierende Bank. Im Gegenzug erhalten Sie von der Bank die geleisteten Raten und Ihre Anzahlung zurück.
Doch der Widerruf des Autokredits ist nicht nur bei solchen Fahrzeugen möglich, die vom Abgasskandal betroffen sind. Tatsächlich kann JEDER, der sein Fahrzeug über eine Bank finanziert, in den Genuss des ewigen Widerrufsrechts kommen.
Ein Vorteil des Widerrufs ist, dass Sie Ihrer Bank keine Nutzungsentschädigung für bereits gefahrene Kilometer zu zahlen haben.