Am EuGH gab es am 14. Juli 2022 eine bahnbrechende Wende im Abgas-Skandal. Der EuGH entschied, dass das Software-Update zum VW-Skandalmotor EA189 eine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle und somit die Abgasreinigung in dem Motor illegal manipuliere. Das heißt: VW-Kunden sind wieder getäuscht worden. Damit dürfte nun eine neue Klagewelle auf VW zurollen. Wir von WBS unterstützen geschädigte Autobesitzer.
Das neue Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist ein brachialer Rückschlag für den VW-Konzern und die bisherige Rechtsprechungslinie in Deutschland.
Volkswagen (VW) hat nach dem neusten Urteil des EuGHs vom 14.07.2022 (Rechtssache C-128/20, C-134/20 und C-145/20) mit einer weiteren Klagewelle durch betroffene Verbraucher zu rechnen. Der EuGH stellt klar, dass es sich auch bei dem im Jahr 2017 aufgespielten Software-Update um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Damit steht nun fest: betroffenen Verbrauchern stehen Forderungen gegen den Hersteller und den Automobilverkäufer zu.
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Software-Update zu Thermofenster ist unionsrechtswidrig
Schon im Jahr 2015 wurde erstmalig öffentlich, dass die Automobilhersteller ihre Dieselfahrzeuge in Bezug auf Abgas-Emissionen manipuliert hatten.
Auch der Automobilhersteller VW war von diesen Vorwürfen betroffen.
Wie sich im Laufe des sog. Diesel-Abgasskandals herausstellte, hatte der VW Konzern unter anderem Abschalteinrichtungen in Fahrzeugen mit dem Motor EA189 verbauen lassen. Diese Einrichtungen ermöglichten einen kontrollierten und korrekten Abgasausstoß auf dem Prüfstand, während es im normalen Fahrbetrieb zu einem wesentlich höheren Abgas-Ausstoß kam. Damit waren die betroffenen Diesel-Fahrzeuge weitaus umweltschädlicher als VW gegenüber den Käufern behauptet hatte.
In Bezug darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits in seinem Grundsatzurteil vom 25. Mai 2020 klargestellt, dass Käufern eines solchen Diesel-VW mit dem EA189-Motor ein Anspruch auf Schadenersatz gegen VW zustehen kann.
Als Lösung der Problematik bot der VW Konzern seinen Kunden ein Software-Update, das den unzulässigen Zustand beheben sollte. Über zwei Millionen Kunden ließen das Update, von dem auch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) überzeugt war, aufspielen.
In dem jetzigen Vorabentscheidungsgesuch vor dem EuGH stand nun dieses Software-Update auf dem Prüfstand. Entgegen der Ansicht von VW und dem KBA stellt dieser nun fest, dass auch nach dem Software-Update ein sog. Thermofenster entstehe, da die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte nur gewährleistet sei, wenn die Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad Celsius liege und der Fahrbetrieb unterhalb von 1 000 Höhenmetern erfolge. Auch dies sei
„(…) eine „Abschalteinrichtung“ im Sinne dieses Art. 3 Nr. 10 (…).“.
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer), 14. Juli 2022, Rechtssache C‑128/20
Entscheidung des EuGH – neue Täuschung durch Software-Update „Thermofenster“
Das hiesige Ausgangsverfahren betrifft drei österreichische Sachverhalte. Die involvierten Gerichte, der österreichische oberste Gerichtshof, das Landesgericht Eisenstadt und das Landesgericht Klagenfurt haben in diesen Verfahren jeweils Vorlagefragen erstellt und an den EuGH übermittelt (sog. Vorabentscheidungsgesuch).
In einem Vorabentscheidungsgesuch können Gerichte der EU-Mitgliedsstaaten dem EuGH in ihren Fällen Fragen stellen. Die Beantwortung der vorgelegten Fragen ist bindend für das vorlegende Gericht und auch für die Gerichte der übrigen EU-Mitgliedsstaaten. Der jeweilige Fall muss aber, unter Berücksichtigung der Vorgaben des EuGHs, von dem nationalen Gericht entschieden werden.
Nach der – somit auch für die deutschen Gerichte verbindlichen – Ansicht des EuGH, ist die durch das Update aufgespielte Einrichtung, die die Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffoxidemissionen nur innerhalb des Thermofensters – Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad Celsius und Fahrbetrieb unterhalb von 1 000 Höhenmetern – sicherstellt eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 715/2007. Gerade im Unionsgebiet seien Umgebungstemperaturen von weniger als 15 Grad Celsius aber keineswegs unüblich. Selbstverständlich sei die Einhaltung der festgelegten Emissionsgrenzwerte auch bei einer Unterschreitung der 15 Grad Celsius notwendig.
Damit stellt der EuGH klar, dass die in Rede stehende Software die Wirkung des Emissionskontrollsystems im normalen Fahrbetrieb erneut auf unzulässige Art und Weise einschränkt.
Die Automobilindustrie hatte vorgetragen, dass das Update auch zur Motorenschonung, insbesondere der Anbauteilen wie Abgasrückführventil, AGR-Kühler und Dieselpartikelfilter diene. Ohne dies in Abrede zu stellen, stellte der EuGH jedoch klar, dass diese Argumente nicht die Zulässigkeit des Updates nach sich ziehen.
Für eine andere Beurteilung sei es notwendig, dass die Automobilindustrie nachweise, dass das Update ausschließlich notwendig sei, um eine Fehlfunktion eines dieser Bauteile auszuschließen und den Motor dadurch zu schützen. Eine Notwendigkeit ließe sich aber nur rechtfertigen, wenn es nachweislich keine andere technische Lösung zur Risikoabwendung gebe. Das war vorliegend nicht gegeben.
Ansprüche gegen VW-Konzern und Autoverkäufer
Das Urteil betrifft über zwei Millionen VW-Diesel-Fahrer eines Fahrzeuges mit dem Motor EA189, denen das Softwareupdate durch VW aufgespielt worden ist. Betroffene können erneut Schadensersatzforderungen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Täuschung gem. § 826 BGB gegen den Automobilkonzern, geltend machen.
Überdies können auch Ansprüche gegen den Verkäufer des Fahrzeuges geltend gemacht werden. Das Software-Update stellt einen sog. Sachmangel dar, der im Rahmen der Gewährleistung geltend gemacht werden kann. Der EuGH stellte fest, dass ein betroffenes Fahrzeug gerade nicht die Qualität aufweise, die bei Gütern der gleichen Art üblich sei und die der Verbraucher daher erwarten könne. Diese Abweichung des Ist-Zustandes von dem erwartbaren Soll-Zustand sei auch nicht geringfügig, sodass eine Vertragsabwicklung nicht ausgeschlossen sei.
Beide Varianten setzen voraus, dass die Ansprüche innerhalb der jeweiligen Verjährungsfristen geltend gemacht werden. Verlieren Sie daher keine Zeit.
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Betroffene Verbraucher sollten sich umgehend anwaltlich beraten lassen. Die Chancen für die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche stehen nach aktueller Rechtsprechungsentwicklung sehr gut.
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