Abgasskandal bei SEAT – Rechte als Verbraucher
Manipulierte Abgas-Werte, installierte Schadsoftware – der Abgasskandal rund um die Volkswagen AG gilt auch heute noch juristisch als nicht abgeschlossen. Und was viele nicht wissen: nicht nur Fahrzeuge der Marke VW sind betroffen, sondern auch alle anderen Marken der Volkswagen Gruppe – unter anderem auch SEAT.
Doch was können betroffene SEAT-Fahrer nun tun? Welche Rechte stehen ihnen zu? Hier ein Überblick.
Manipulation auch bei SEAT
Mit den bei Käufern beliebten Fahrzeugmodellen SEAT Ibiza, SEAT Leon und dem hochtourigen Cupra schaffte es die Marke SEAT, die bereits seit den 1980er Jahren zur Volkswagen Gruppe gehört, 2015 erstmals schwarze Zahlen zu schreiben. Im gleichen Jahr allerdings bahnte sich auch Unheil an.
Nach Recherchen, die das Nachrichtenmagazin SPIEGEL im gleichen Jahr veröffentlichte, wurden beim Mutterkonzern unlautere Geschäftspraktiken bekannt. So solle die Volkswagen Gruppe systematisch Abgaswerte ihrer Dieselmotoren manipuliert haben. Im anschließenden Ermittlungsverfahren wurde klar: der Automobilhersteller hatte eine illegale Software in Fahrzeugen installiert, um die Emissionswerte von Stickoxiden im Messverfahren deutlich niedriger zu halten, als dies in der Praxis der Fall war.
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Bin ich betroffen?
Im Laufe der Ermittlungen stellte sich heraus: betroffen von den Manipulation sind alle Fahrzeuge mit dem Dieselmotor des Typs VW EA 189 . Diese Motorenart wurde nicht nur in PKW der Marke VW selbst, sondern auch in den Tochtermarken Audi, Seat, Skoda und VW Nutzfahrzeugen verbaut. Insgesamt soll es um rund 11 Millionen Fahrzeuge handeln, die weltweit vertrieben wurden. Von diesen 11 Millionen wurden rund 2,5 Millionen Fahrzeuge in Deutschland zugelassen.
Fahrzeuge mit dem EA 189 Motor und Hubraumgröße 1,2, 1,6 und 2,0 Liter aus den Herstellungsjahren 2008 bis 2015 wurden in der Folge Bestandteil groß angelegter Rückrufaktionen. Unter anderem weil das Kraftfahrbundesamt (kurz: KBA) die Volkswagen Gruppe dazu verpflichtet hatte, die Manipulationen an den Fahrzeugen umgehend rückgängig zu machen und entsprechend umzurüsten. Verbraucher mussten diesen Rückrufaktionen jedoch nicht zwingend Folge leisten. Viele Betroffene wendeten sich mit Schadens- und Ersatzansprüchen in Klageform gegen Volkswagen.
Später wurde zusätzlich klar: Auch der Motor EA288 ist manipuliert. Wie auch beim Abgasskandal um den EA189, hält der Motor EA288 die EU-Grenzwerte für Stickoxid nur auf dem Prüfstand ein.
Insgesamt sind weltweit 11 Millionen Fahrzeuge betroffen.
Davon…
- Deutschland insgesamt: 2,5 Millionen
- VW (inkl. Nutzfahrzeuge): 1,5 Millionen
- Audi: 0,5 Millionen
- Skoda: 0,3 Millionen
- Seat: 0,1 Millionen
(gerundete Zahlen auf Datengrundlage des Kraftfahrbundesamtes)
Betroffene Fahrzeugmodelle des Herstellers SEAT
Seat Modelle, in denen der EA 288 und EA 189 Dieselmotor verbaut wurde und die möglicherweise Manipulationen unterlagen:
- SEAT Ibiza
- SEAT Leon II
- Seat Leon III
- SEAT Telodo IV
- SEAT Exeo
- SEAT Altea und Altea XL
- SEAT Alhambra II
- Seat Ateca
- Seat Alhambra II
- Seat Arona
- Seat Alhambra II
- Seat Terraco
Im Rahmen einer offiziellen Rückrufaktion des VW-Konzerns wurden betroffene Fahrzeuge nachgerüstet. Dazu wurde das Motorsteuergerät umprogrammiert. Beim am häufigsten verbauten Variante, dem 1,6 Liter-Dieselmotor, wurde ein sogenannter Strömungsgleichrichter nachträglich eingebaut. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme gilt nach wie vor als höchst umstritten.
Die unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen
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Ansprüche gegen den Hersteller
Sie haben gute Chancen, gegen den Automobilhersteller SEAT Schadensersatzansprüche wegen einer „vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung“ geltend zu machen. In vielen SEAT Autos ist der Motor EA 189 verbaut. Der BGH hat am 25. Mai 2020 in einem sensationellen Urteil gegen VW bereits festgestellt, dass durch das Inverkehrbringen dieses Motors mit Manipulationssoftware zahlreiche Käufer getäuscht und damit sittenwidrig geschädigt wurden. Auch die nachträgliche Installation eines Software-Updates ändert laut BGH an diesem Schaden nichts. Indem Sie den Schadensersatzanspruch geltend machen, kann Ihr Autokauf rückgängig gemacht werden. Sie erhalten also Ihr Geld abzüglich einer von Ihnen zu leistenden Nutzungsentschädigung zurück und müssen im Gegenzug Ihren SEAT zurückgeben. Alternativ können Sie Ihr Auto auch behalten und mit unserer Hilfe einen Schadensersatz für die Wertminderung des Fahrzeugs durchsetzen.
Ansprüche gegen Händler
Sie können auch zu Ihrem guten Recht kommen, indem Sie Ihre Rechte gegenüber Ihrem SEAT-Händler durchsetzen. Hier besteht die Möglichkeit, vom Vertrag mit Ihrem Händler zurückzutreten, dessen Nichtigkeit geltend zu machen oder diesen anzufechten. In der Folge können Sie das manipulierte Fahrzeug zurückgeben und Ihr Geld zurückerhalten. Je nach Ihren vorrangigen Interessen können wir Ihnen auch dabei helfen, einen Anspruch auf Nachlieferung eines aktuellen Automodells gegen Rückgabe des manipulierten Fahrzeugs durchzusetzen. Alternativ können Sie das Auto behalten und mit unserer Unterstützung eine Entschädigung für den Wertverlust infolge des Abgasskandals bekommen. Wir ermitteln mit Ihnen gemeinsam, welcher Weg für Sie der beste ist.
Ansprüche gegen die SEAT-Bank
Haben Sie Ihren SEAT-Kauf über ein Darlehen bei der SEAT-Bank oder der Santander Bank finanziert, können Sie sich von Ihrem Kauf auch wieder lösen, indem Sie den Darlehensvertrag widerrufen. Auch so erhalten Sie den Kaufpreis bzw. die bisher gezahlten Raten gegen Rückgabe Ihres Fahrzeugs zurück. Der Kaufvertrag über den SEAT und ihr Darlehensvertrag sind nämlich so genannte „verbundene Verträge“. Ein Widerruf des Darlehensvertrags führt zu einer Rückabwicklung beider Verträge. Grundsätzlich ist ein Widerruf innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss möglich. Sie können allerdings noch Jahre nach Abschluss der beiden Verträge widerrufen, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war. Gerne prüfen wir Ihre Vertragsunterlagen samt Widerrufsbelehrung und beraten Sie umfassend, ob der Autokreditwiderruf ein geeigneter Lösungsweg für Sie ist.
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Der Abgas-Skandal im Überblick
- 2006: Ungefähr zu diesem Zeitpunkt entscheidet VW aufgrund zu hoher Abgaswerte das Steuergerät des Motors VW EA 189 zu manipulieren (So sollten Testungen erkannt und die Leistung so abgeriegelt werden, dass vorgeschriebene Abgaswerte eingehalten werden.)
- 2015: Das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL veröffentlicht erstmals Rechercheergebnisse, wonach rund 30 leitende Angestellte von VW von den Manipulationen wussten. VW leugnet zu diesem Zeitpunkt noch.
- September 2015: Die Aktie des Automobilkonzerns bricht in Folge der Medienberichterstattung dramatisch ein.
- Oktober 2015: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig und das Landeskriminalamt Niedersachsen führen in diversen Geschäftsräumen von Volkswagen Hausdurchsuchungen zur Beweissicherung durch.
- November 2015: Einleitung eines weiteren Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung (Der Vorwurf: Durch die Falschangaben der Emissionswerte sollen millionenfach falsche Kraftfahrsteuerbescheide ergangen sein.)
- April 2016: Erste Klagen von Betroffenen werden eingereicht, die eine gerichtliche Feststellung von Schadensersatzansprüchen und Rückabwicklung ihrer Kaufverträge fordern. Im Laufe des Jahres kommen immer mehr Verfahren hinzu.
- Juni 2016: Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht schaltet sich ein. Im Raum steht der Verdacht auf Marktmanipulation wegen nicht rechtzeitiger Mitteilung von kursrelevanten Informationen durch den VW-Konzern.
- Juli 2016: Erste Klagen werden gegen die Volkswagen Bank erhoben. Diese soll mit fehlerhaften Widerrufsbelehrungen gearbeitet haben, weshalb hunderttausende Autokredit-Verträge rechtlich angreifbar werden könnten.
- Januar 2017: Es wird öffentlich bekannt, dass bereits gegen 37 Personen (vornehmlich Mitarbeiter oder Ex-Mitarbeiter von VW) ermittelt wird.
- Februar 2017: Auch erste Klagen gegen den Hersteller Audi werden eingereicht. Audi soll zusätzlich sogar Manipulationen an Benzinern vorgenommen haben.
- März 2017: Das Oberlandesgericht Braunschweig beschäftigt sich einem Musterfeststellungsverfahren mit der Frage, ob Anlegern der VW-Aktie Schadensersatz des Kursverlustes zusteht.
- 11.05.2017: Das erste richtungsweisende Urteil für Verbraucher! Das Landgericht Detmold (und weitere werden folgen) verurteilt einen VW-Händler, einen vom Abgasskandal betroffenen VW Tiguan I zurückzunehmen und ihm stattdessen einen neuen Tiguan II zu liefern. Eine Nutzungspauschale für die zwischenzeitliche Nutzung des Tiguan I musste nicht geleistet werden.
- April 2017: Erstmals entscheidet ein Oberlandesgericht im Abgasskandal und stellt fest: manipulierte Fahrzeuge können juristisch als „mangelhaft“ bewertet und entsprechende Ansprüche erhoben werden.
- Februar 2018: Das als sogenanntes „Diesel-Urteil“ bekannt gewordene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts stellt fest: Deutsche Kommunen sind dazu berechtigt, eigenständig Dieselfahrverbote zu verhängen.
- Juni 2019: Das Oberlandesgericht Koblent verurteilt Volkswagen aufgrund von „vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung“ zu Schadenersatz. Der Konzern habe „unter bewusstem Verschweigen der unzulässigen Softwareprommierung“ Fahrzeuge „in Verkehr gebracht“. VW kündigt an, Revision einzulegen.
- April 2020: VW und der Bundesverband der Verbraucherzentralen (kurz: VZBV) (Initiator der Musterfeststellungsklage) verständigen sich auf einen Vergleich. Betroffene, die sich auf den Vergleich einlassen, erhalten 15 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises zurückerstattet. Die Annahme des Vergleichs ist jedoch freiwillig.
- Mai 2020: In einer Verhandlung lässt der Bundesgerichtshof (kurz: BGH) bereits durchblicken, dass es sich grundsätzlich der Argumentation des Oberlandesgerichts Koblenz anschließt, wonach eine sittenwidrige, vorsätzliche Schädigung besteht, die entsprechende Schadensersatzansprüche zulasse.
- 23. Februar 2021: weitere angesetzte Verhandlungstage des Bundesgerichtshofs
- Mai 2021: Auch der EA288 Motor wurde manipuliert.
Aktuelle Artikel zum Thema Abgasskandal
Kuriose Fakten rund um den Dieselskandal:
- 2019 liefen laut VW rund 62.000 Klagen an deutschen Zivilgerichten.
- Alleine das Klageregister aller rund 300.000 Teilnehmer der Musterfeststellungsklage füllt laut Oberlandesgericht Braunschweig bereits 67.000 Seiten Papier.
- Auch in den USA laufen juristische Verfahren gegen VW. Dort hatte der Autobauer 2014 einen Marktanteil bei Dieselfahrzeugen von 90 Prozent.
- Am 5. Oktober 2015 erreichte die Volkswagen mit 86,36 Euro ihren niedrigsten Kursstand. (Am 18. September stand sie noch bei 161,65 Euro).
- Prozessbeteiligte sprechen mittlerweile von einem „Kaugummi-Prozess“ und rechnen nicht vor 2023 mit einem finalen Urteil des BGH.
Wichtig ist: Entscheidet sich der BGH im Laufe des weiteren Verfahrens für die Verbrauchersicht, erhöhen sich damit auch die Erfolgschancen aller in Deutschland anhängigen und noch einzureichenden Individualklagen gegen Volkswagen. Auch heute noch steht Betroffenen mit ihren Schadensersatzansprüchen der Klageweg offen.
Setzen Sie sich gerne mit uns in Kontakt und wir prüfen kostenlos und unverbindlich Ihre Erfolgsaussichten.
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