Spannende Neuigkeiten im Diesel-Abgasskandal! Heute hat der Bundesgerichtshof (BGH) in gleich vier Urteilen brennende Fragen rund um die Rechte von Dieselkäufern geklärt. Haben Dieselkäufer Ansprüche auf Deliktszinsen? Kann die von den Käufern geschuldete Nutzungsentschädigung ihren Schadensersatzanspruch vollständig aufzehren? Und was ist mit Käufern, die ihren Diesel nach Bekanntwerden des Abgasskandals erworben haben? Rechtsanwalt Christian Solmecke kommentiert für Sie exklusiv die Entscheidungen der Bundesrichter.
Am 25. Mai 2020 hatte der BGH bereits die wichtigste Entscheidung für Betroffene des Dieselskandals getroffen: Volkswagen ist verpflichtet, Schadensersatz zu zahlen, weil der Konzern seine Kunden mit seiner manipulierten Abgasabschalteinrichtung vorsätzlich und sittenwidrig schädigte. Heute bestätigten die Richter dieses Grundsatzurteil. Sie hielten an einem Schaden bei den Dieselkäufern fest, auch wenn am Fahrzeug im Nachhinein ein Software-Update durchgeführt worden war (Az. VI ZR 367/19). Daneben ließ sich der zuständige sechste Senat des BGH aber auch zu weiteren wichtigen Detailfragen aus.
Geschuldete Nutzungsentschädigung kann Schadensersatz aufzehren
Seit dem Urteil von Ende Mai steht bereits fest, dass Dieselkäufer sich ihre bereits gefahrenen Kilometer als Nutzungsersatz auf den Schadensersatz anrechnen lassen müssen. Allerdings stand noch die brennende Frage im Raum, wie weit dieser vom Käufer geschuldete Nutzungsersatz im Einzelnen gehen kann. Der BGH stellte heute klar: Wenn der Kauf, zum Beispiel bei älteren Fahrzeugen, weit in der Vergangenheit liegt, kann der Nutzungsersatz den Schadensersatz vollständig aufzehren (Az. VI ZR 354/19).
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Die Nutzungsvorteile eines gekauften Diesels können den Schadensersatzanspruch der Dieselkäufer vollständig aufzehren. Dass der BGH dies annimmt, war vorauszusehen. Aus der Sicht eines vom Abgasskandal Betroffenen kommt es aber immer darauf an, wie viel er seit dem Kauf tatsächlich mit seinem Diesel gefahren ist. Mit unserem Schadensersatzrechner können Sie individuell herausfinden, wie hoch ihr Schadensersatzanspruch ausfallen wird und ob sich ein gerichtliches Vorgehen für Sie lohnt.
Keine Deliktszinsen auf Schadensersatz
Der BGH hat noch eine weitere besondere Neuigkeit. Dieselkäufer können keine Deliktszinsen auf ihren Schadensersatz verlangen. Es stand die Frage im Raum, ob Betroffene ab dem Zeitpunkt, in dem sie das manipulierte Fahrzeug bezahlt haben, pro Jahr 4 % Zinsen auf den aufgewendeten Kaufpreis entrichten müssen. Das hat der BGH nun abgelehnt. Bereits in der Verhandlung am 21. 7. 2020 ließen die Richter die vorläufige Bewertung erkennen, dass sie Betroffenen einen Anspruch auf Deliktszinsen nicht zugestehen würden. Sie gaben zu bedenken, dass damit auf VW erhebliche Schadensersatzsummen zukommen würden. Heute führten die Richter weiter aus: Der Diesel-Käufer habe als Gegenleistung für seinen gezahlten Kaufpreis bereits ein voll nutzbares Fahrzeug bekommen. Daher sei es nicht sachgerecht, seinen Schadensersatzanspruch zusätzlich noch zu verzinsen (Az. VI ZR 354/19; VI ZR 397/19).
Kein Schadensersatz bei Erwerb des Fahrzeugs nach Auffliegen des Abgasskandals
Zuletzt entschied der BGH am heutigen Tag über den Schadensersatzanspruch eines Mannes, der seinen vom Abgasskandal betroffenen VW erst im August 2016 erworben hatte (VI ZR 5/20) . VW hatte aber bereits am 22. September 2015 in einer Ad-hoc-Mitteilung die Öffentlichkeit über Unregelmäßigkeiten bei der Abschalteinrichtung informiert. Im Oktober 2015 hatte sich schließlich das Kraftfahrt-Bundesamt zu Wort gemeldet und beim Autohersteller angemahnt, das Problem mit der manipulierten Software zu beheben. In der Folge wurden Software-Updates auf die betroffenen Motoren aufgespielt. Die Thematik war über einen langen Zeitraum in der Medienberichterstattung präsent. Vor diesem Hintergrund ließen die Bundesrichter einen Anspruch auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung scheitern. Um das Verhalten von VW als sittenwidrig zu bewerten, müsse man es hier in einer Gesamtschau betrachten, so die Bundesrichter. Da VW sein Fehlverhalten im Herbst 2015 gegenüber der Öffentlichkeit eingestanden hatte, könne man nicht davon ausgehen, dass der Konzern im August 2016 noch die Arglosigkeit seiner Kunden ausnutzen wollte. Insgesamt bedeutet das: Wer seinen VW erst im Laufe das Jahres 2016 erworben hat, hat wenig Chancen auf Schadensersatz.
Die BGH-Richter möchten mit ihren Urteilen in den VW-Verfahren die Interessen von VW und der Dieselkäufer in einen angemessenen Ausgleich bringen. Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Schadensersatz gegen VW. Davon kann es im Einzelnen jedoch auch Ausnahmen geben. Wenn Betroffene des Abgasskandals ein gerichtliches Vorgehen gegen VW erwägen, sollten sie genau darauf achten, wann sie ihr Auto gekauft haben und wieviel sie seit dem Erwerb damit gefahren sind. Um die Erfolgsaussichten genau abschätzen können, sollte man sich früh genug an einen auf den Abgasskandal spezialisierten Anwalt wenden. Zudem empfiehlt sich ein Blick in meine Broschüre „Meine Rechte als Dieselkäufer“