Wer in einem Beruf tätig ist, in dem er auf seine Fahrerlaubnis angewiesen ist, sollte gut auf diese aufpassen. Denn wie soll ein LKW-Fahrer seinem Job nachgehen, wenn er keinen LKW führen darf? Das LSG Baden-Württemberg musste sich zuletzt mit der Frage beschäftigen, ob ein Berufskraftfahrer, der grob fahrlässig den Verlust seiner Fahrerlaubnis und seiner Arbeitsstelle herbeiführte, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat.

Wer den Verlust seiner Arbeitsstelle grob fahrlässig herbeiführt, hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Das entschied das Landesozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, nachdem ein Berufskraftfahrer trotz sechs Punkten in Flensburg weitere Verstöße beging und ihm deshalb seine Fahrerlaubnis entzogen wurde (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 19.04.2023, Az. L 8 AL 1022/22).

Ein angestellter Berufskraftfahrer, der nur einen mündlichen Arbeitsvertrag hatte, wurde mehrmals wegen Verkehrsverstößen belangt – unter anderem, weil er zu schnell fuhr und ohne Freisprechanlage telefonierte. Nachdem sich seine Punkte in Flensburg langsam immer mehr sammelten, wurde der Berufskraftfahrer ermahnt, nach seinem sechsten Punkt dann sogar verwarnt. Doch die Mahnung schien keinen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben, denn bereits einen Monat danach telefonierte er erneut beim Fahren. Die Krönung folgte dann weitere sechs Monate später: Unbelehrbar setzte der Fahrer sein rücksichtsloses Verhalten fort und wurde schließlich mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 34 Stundenkilometer außerorts erwischt. Er ging fälschlicherweise davon aus, dass einer seiner vielen Punkte bis zur Rechtskraft des Bußgeldbescheids verfallen würde. Jedoch erfuhr er zu spät von der sogenannten Überliegefrist, die bewirkte, dass der verfallene Punkt noch ein Jahr lang bestehen blieb, um den Punktestand bei einer erneuten Zuwiderhandlung zu rekonstruieren.

Sein Plan ging also nicht auf, seine Fahrerlaubnis wurde ihm entzogen – ein Problem für den Berufskraftfahrer. Als Konsequenz verlor er nämlich seinen Job und beantragte Arbeitslosengeld. Dort erhielt er aber eine für ihn schlechte Nachricht: Der Verkehrssünder erhielt von der Agentur für Arbeit eine Sperrzeit von vier Monaten. Sowohl vor dem Sozialgericht (SG) Stuttgart als auch vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hatte er keinen Erfolg mit seiner Berufung. Die Überliegefrist sei jedoch nicht das eigentliche Problem, sondern der erste Punkt sei noch nicht tilgungsreif gewesen. Die Tilgungsfrist für die einzelnen Punkte variiert je nach Art des Verkehrsverstoßes. Solange ein Punkt nicht tilgungsreif ist, bleibt er in der Verkehrssünderdatei gespeichert und wirkt sich gegebenenfalls auf die Fahrerlaubnis aus, so wie in diesem Fall.

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Verlust der Arbeitsstelle durch grobe Fahrlässigkeit

Das LSG stellte fest, dass der Verlust seiner Arbeitsstelle durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt wurde. Schließlich sei der Fahrer über seinen Punktestand informiert worden und wusste, dass ein weiterer Verkehrsverstoß den Entzug der Fahrerlaubnis zur Folge haben würde. Die Unkenntnis bezüglich der Überliegefrist ändere daran nichts, so das Gericht. Der Fahrer hatte wegen seines Irrtums vielmehr geglaubt, er könne sich noch einen weiteren Verkehrsverstoß leisten. Dies zeige eindeutig, dass der Fahrer den Sinn des Punktesystems nicht verstanden habe und sein Fehlverhalten nicht einsehe.

Selbst die Tatsache, dass die letzte Fahrt eine Privatfahrt unter Zeitdruck an einer ihm unbekannten Örtlichkeit war, spiele keine Rolle. Das Gericht erkannte die Voraussetzungen für die Sperrzeit nach § 159 Sozialgesetzbuch (SGB) III als erfüllt an, da der Verlust der Fahrerlaubnis die Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag verletze (auch wenn der Vertrag nur mündlich bestand). Für beide Parteien war klar, dass die Fahrerlaubnis eine unverzichtbare Voraussetzung für die Tätigkeit als Berufskraftfahrer war.

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