Eine Trunkenheitsfahrt mit dem E-Scooter kann den Fahrer seine Fahrerlaubnis kosten. Das AG Braunschweig wollte in einem Fall jedoch Gnade vor Recht walten lassen. Damit konnte sich die Staatsanwaltschaft nicht anfreunden und zog vor das OLG Braunschweig – mit Erfolg.

Wer im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit einen E-Scooter fährt, der ist seine Fahrerlaubnis auch bei kurzen Strecken los. Das entschied nun das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass E-Scooter wie Kraftfahrzeuge zu behandeln seien und daher die Regelvermutung des § 69 StGB greife (Urt. v. 30.11.2023 – Az. 1 ORs 33/23).

Ein E-Scooter-Fahrer geriet alkoholisiert in eine Polizeikontrolle, bei der eine Blutalkoholkonzentration von 1,83 Promille festgestellt wurde. Das zuständige Amtsgericht (AG) verhängte im Anschluss eine Geldstrafe wegen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB und zusätzlich ein Fahrverbot.

Trotzdem entschied das Gericht, von der Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB abzusehen. Diese Norm sieht vor, dass bei Verstößen gegen § 316 StGB „in der Regel“ die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen gegeben ist. Das AG argumentierte jedoch, dass der Fahrer „nur“ einen E-Scooter benutzt habe und mit diesem auch nur eine kurze Strecke zurückgelegt habe.

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E-Scooter gelten nach wie vor als Kraftfahrzeuge

Die Staatsanwaltschaft legte gegen das Urteil Sprungrevision gemäß § 335 der Strafprozessordnung ein. Ihre Argumentation basierte insbesondere darauf, dass nach der gesetzgeberischen Wertung auch E-Scooter als Kraftfahrzeuge gelten. Das OLG Braunschweig folgte dieser Argumentation nun und stellte klar, dass die Regelvermutung des § 69 StGB Anwendung finde. Anders als das AG meinte das OLG, hier sei kein Ausnahmefall gegeben.

Völlig uneins waren sich die Gerichte aber nicht. Sowohl das AG als auch das OLG Braunschweig stimmen darin überein, dass der Mann in diesem Fall absolut fahruntüchtig war. Beiden Gerichten zufolge birgt ein E-Scooter zumindest ein vergleichbares Gefährdungspotential wie ein Fahrrad, und der festgelegte Grenzwert von 1,6 Promille wurde überschritten. In diesem Zusammenhang konnte offenbleiben, ob für E-Scooter möglicherweise sogar der Grenzwert für Kraftfahrzeuge von lediglich 1,1 Promille gilt.

Umstrittene Rechtsfrage bei E-Scootern

Denn die Frage, ob sich bei E-Scootern vielleicht doch an dem Grenzwert von 1,6 Promille orientiert werden sollte, ist durchaus diskussionswürdig. Bislang wenden die meisten Gerichte den Grenzwert für Kraftfahrzeuge, also 1,1 Promille an. Im September 2023 hatten wir in unseren News bereits einen Beitrag veröffentlicht, der den Entzug der Fahrerlaubnis bei Trunkenheitsfahrten auf dem E-Scooter thematisierte. Schließlich führt die Regelvermutung dazu, dass bei einem Verstoß die Fahrerlaubnis entzogen wird – jedoch bedarf es für E-Scooter-Fahrten einer solchen nicht. Die unsinnige Folge ist also, dass jemand, der eine Trunkenheitsfahrt auf einem E-Scooter begeht, seine Fahrerlaubnis entzogen bekommt und somit für eine gewisse Zeit kein Auto mehr fahren darf. Jedoch darf derjenige trotzdem weiterhin E-Scooter fahren.

Nur, weil in § 69 StGB „Kraftfahrzeug“ steht, muss nicht jedes Kraftfahrzeug erfasst werden. Differenzierungen nach Sinn und Zweck des Gesetzes sind nicht nur zulässig, sondern notwendig. Noch ein weiteres Beispiel zur Verdeutlichung: Nach § 315d Abs.1 Nr.1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer ein „nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen ausrichtet oder durchführt” oder als Kraftfahrzeugführer daran teilnimmt. Wenn also E-Scooter streng wie Autos behandelt werden würden, müssten zukünftig auch die ihre Fahrerlaubnis entzogen bekommen, die ein Rennen auf einem E-Scooter fahren. Dass der § 315d Abs. 1 Nr. 1 StGB ein Rennen zwischen E-Scooter-Fahrern erfassen soll, das mit einer maximalen Geschwindigkeit von 20 km/h ausgetragen werden würde, ist durchaus fraglich.

Als der § 69 StGB im Jahre 1969 neu gefasst wurde, konnte der Gesetzgeber nicht ahnen, dass es eines Tages von E-Scootern auf den Straßen nur so wimmeln würde. Daher kann durchaus der Case aufgemacht werden, dass die Gesetzgeber nun handeln und eine eigene Regelung für die E-Scooter schaffen sollten. Denn dass die E-Scooter sich hinsichtlich der Promille-Grenze an Autos und nicht an Fahrrädern orientieren, scheint nicht zeitgerecht.

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agr