Private Dienstleister dürfen durch Städte nicht mit der Verkehrsüberwachung beauftragt werden. So entstandene Bußgeldbescheide sind rechtswidrig, urteilte das OLG Frankfurt. Betroffene können sich hiergegen zur Wehr setzen. Inzwischen hat das OLG Frankfurt a.M. seine Entscheidung per Beschluss bestätigt. Wir prüfen Ihren Bußgeldbescheid.
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DEZ 2019
OLG Frankfurt bestätigt Urteil – Weitere Kommunen mit rechtswidriger Verkehrsüberwachung
Nach der Grundsatzentscheidung vom 06.11.2019 zur gesetzeswidrigen Verkehrsüberwachung durch private Dienstleister hat das OLG nun auch eine Entscheidung des Amtsgerichts Hanau bestätigt. Mehr dazu am Ende unseres Beitrages.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einer mit einer Grundsatzentscheidung bestätigt, dass Verkehrsüberwachungen durch private Dienstleister gesetzeswidrig sind und auf einer solchen Grundlage keine Bußgeldbescheide erlassen werden dürfen (Az. Beschluss vom 6.11.2019, Az. 2 Ss-OWi 942/19).
Damit ist klar: Im Grundsatz kann sich jeder Betroffene gegen einen solchen Bußgeldbescheid wehren! Und das dürften unzählige sein, denn es lassen sich etliche Bundesländer wie NRW, Bayern, Hessen oder auch Brandenburg durch private Dienstleister unterstützen. Wurden private Dienstleister hinzugezogen ist nun klar, dass die Messdaten nicht als Beweis verwertet werden dürfen. Leider wird auf dem Bußgeldbescheid nicht ersichtlich, dass eine private Firma hinzugezogen wurde. Wir als Anwälte können jedoch Akteneinsicht fordern und überprüfen, ob sich ein Einspruch lohnt. Wir helfen Ihnen gerne schnell und unkompliziert.
Stadt beauftragte privaten Dienstleister
Gegen den Betroffenen war ein Bußgeld wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften festgesetzt worden. Die zugrundeliegende Messung hatte der Zeuge B. vorgenommen. Der Zeuge war Angestellter einer privaten GmbH. Die Gemeinde hatte mit dieser GmbH einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zum Zweck der „Unterstützung bei der Durchführung von Geschwindigkeitsprotokollen, allgemeine Datenverarbeitung und Erstellung von Messberichten“ mit jeweiligen Stundenverrechnungssätzen geschlossen.
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Das Amtsgericht (AG) Gelnhausen hatte den Betroffenen freigesprochen, weil der Bürgermeister der Gemeinde Freigericht als Ortspolizeibehörde im Wege verbotener Arbeitnehmerüberlassung einen privaten Dienstleister mit der hoheitlichen Verkehrsüberwachung beauftragt und für die so ermittelten Verstöße Verwarn- und Bußgelder hat verhängen lassen (Urteil vom 29.5.2019, Az. 44 OWi – 2545 Js 3379/19) .
Auf die hiergegen von der Staatsanwaltschaft Hanau eingelegte Rechtsbeschwerde hat das OLG Frankfurt am Main nunmehr grundlegend ausgeführt:
Die vorliegend durchgeführte Verkehrsüberwachung durch den gemeinsamen Ordnungsbehördenbezirk der Gemeinden Freigericht und Hasselroth ist gesetzeswidrig. Die im hoheitlichen Auftrag von einer privaten Person durchgeführte Geschwindigkeitsmessung hat keine Rechtsgrundlage. In der Folge hätte das Regierungspräsidium Kassel keinen Bußgeldbescheid erlassen dürfen.
Die Ortspolizeibehörde dürfe die Verkehrsüberwachung nur durch eigene Bedienstete mit entsprechender Qualifikation vornehmen. Der Zeuge B. sei unstreitig kein Bediensteter der Gemeinde. Seine Überlassung im Wege der Arbeitnehmerüberlassung sei rechtswidrig. Das Verfahren könne damit nicht als Grundlage für den Erlass eines Bußgeldbescheids dienen.
In der Folge dieses gesetzwidrigen Handelns sind sämtliche Verkehrsüberwachungen des gemeinsamen Ordnungsbehördenbezirks der Gemeinden Freigericht und Hasselroth mindestens seit dem 23.03.2017 unzulässig.
Darüber hinaus dürfte dies auch für die Gemeinden Brachttal und Nidderau gelten, da der Zeuge dort…ebenfalls unter den genannten Bedingungen tätig war.
OLG Frankfurt urteilte hierzu bereits mehrfach
Das OLG Frankfurt am Main hatte sich in den vergangenen Jahren bereits mehrfach mit Geschwindigkeitsmessungen befassen müssen, an deren Durchführung oder Auswertung Privatdienstleister beteiligt waren. 2017 urteilte das Gericht, dass die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 47 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) als typische Hoheitsaufgabe zum Kernbereich staatlicher Hoheitsausübung gehöre. Und für diese Hoheitsausübung seien im Fall von Verkehrsordnungswidrigkeiten gemäß § 26 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) Behörden oder Polizeidienststellen zuständig. Eine eigenverantwortliche Wahrnehmung dieser Aufgaben durch Privatpersonen sei danach ausgeschlossen. (OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.04.2017 – 2 Ss OWi 295/17).
Das OLG Frankfurt am Main wird sich voraussichtlich in den nächsten Monaten auch mit der Frage der Zulässigkeit von Verkehrsüberwachung im ruhenden Verkehr durch private Dienstleister durch die Stadt Frankfurt am Main befassen. Allein im Jahr 2018 beliefen sich die Parkverstöße in Frankfurt am Main auf ca. 600.000.
OLG Frankfurt bestätigt Urteil
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Nach der Grundsatzentscheidung vom 06.11.2019 zur gesetzeswidrigen Verkehrsüberwachung durch private Dienstleister hat das OLG nun auch eine Entscheidung des Amtsgerichts Hanau bestätigt (Beschluss vom 27.11.2019, Az. 2 Ss-Owi 1092/19).
Gegen den Betroffenen war ein Bußgeld wegen einer in Hammersbach begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat erlassen worden.
Das Amtsgericht Hanau hatte den Betroffen auf seinen Einspruch hin freigesprochen. Die Verkehrsüberwachung des fließenden Verkehrs in der Gemeinde Hammersbach sei durch einen erneut vom Landrat des Main-Kinzig-Kreises nichtig zum „Ordnungspolizeibeamten“ bestellten privaten Dienstleister im Wege der unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung durchgeführt worden. Dies sei gesetzeswidrig, wie vom OLG bereits in der Lauterbach-Entscheidung (und zuletzt in der Grundsatzentscheidung vom 6.11.2019 ausführlich) dargelegt. Das Regierungspräsidium Kassel hätte infolgedessen den Bußgeldbescheid nicht erlassen dürfen.
Nach den Ausführungen im amtsgerichtlichen Urteil hatte der private Dienstleister zunächst für seine rechtswidrigen Dienste 70% der Buß- und Verwarngelder für sich behalten dürfen. Als diese Praxis bei einer anderen Kommune aufgefallen sei und der Senat dies ausdrücklich untersagt hatte, habe die Gemeinde Hammersbach das System unter absichtlicher Verschleierung der Tatsachen fortgesetzt und lediglich die Bezahlung des Dienstleisters umgestellt.
Das OLG hat die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde aus den zutreffenden Gründen des Amtsgerichts als unbegründet verworfen und den Freispruch bestätigt.
Neben der Gemeinde Hammersbach dürfte dies auch für die Gemeinden Niederdorfelden und Schöneck gelten, da nach den getroffenen Feststellungen dort in gleicher gesetzwidriger Weise agiert worden ist. Es ist nach Gelnhausen der zweite Amtsgerichtsbezirk im Bereich der Regierungspräsidiums Darmstadt, in dem es zu derartigen gesetzeswidrigen Handlungen durch kommunale Polizeibehörden gekommen ist.
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