Kann Verkehrssündern, die keinen Führerschein haben, alternativ verboten werden, zukünftig Fahrräder und E-Scooter zu nutzen? Diese Frage musste das OVG NRW nun beantworten, nachdem zwei Vorinstanzen ein entsprechendes Verbot bestätigt hatten. Stellt ein Verbot dieser Art einen unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff dar oder überwiegt hier die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer?
Behörden dürfen das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen wie Fahrrädern oder E-Scootern nicht verbieten. Das entschied nun das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Nordrhein-Westfalen. Begründet hat das Gericht seine Entscheidung unter anderem damit, dass die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) ein solches Verbot nicht hergebe und dass ein solches Verbot unverhältnismäßig sei (Beschl. v. 05.12.2024 – Az. 16 B 1234/24 und 16 B 5678/24).
Zwei Männer hatten unter Alkohol- beziehungsweise Drogeneinfluss „fahrerlaubnisfreie“ Fahrzeuge geführt. Einer der beiden Männer wies auf dem Fahrrad einen BKA-Wert von über zwei Promille auf. Der andere fuhr mit einem E-Scooter, obwohl er unter dem Einfluss von Amphetamin stand. Beide hatten zum Zeitpunkt der Tat keinen Führerschein.
Die Folgen schienen zunächst drastisch für die beiden Männer: Denn nach dem Vorfall erließen die zuständigen Fahrerlaubnisbehörden daraufhin die Anordnung, dass die Männer keine fahrerlaubnisfreien Fahrzeuge mehr im Straßenverkehr nutzen dürfen – also weder Fahrräder noch E-Scooter. Fortan müssen die eigenen Beine wohl herhalten, wenn gerade keine öffentlichen Verkehrsmittel oder Fahrer verfügbar sind – ein harter Einschnitt in die Alltagsgestaltung, gegen die sich die Männer wehren wollten. Also legten die Betroffenen Eilanträge ein, die zunächst von den Verwaltungsgerichten Düsseldorf und Gelsenkirchen abgelehnt wurden. Im anschließenden Beschwerdeverfahren entschied das OVG jedoch zugunsten der beiden Verkehrssünder.
FeV gibt ein Verbot dieser Art nicht her
Das OVG NRW ist der Ansicht, die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) gebe ein solches Fahrverbot nicht her und sei schlichtweg nicht bestimmt genug. Der FeV fehle es schon an einer klaren und verhältnismäßigen Grundlage, um das Führen von Fahrrädern und E-Scootern sowie generell allen fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen zu untersagen. Wenn sich jemand als ungeeignet erweist, ein Fahrzeug zu führen, gestattet § 3 FeV zwar ein Eingreifen. Dennoch sind die Richter in NRW der Ansicht, dass die Regelung nicht ausreichend präzise sei. Sie gebe nicht klar genug an, wann genau Eignungszweifel vorliegen und welche Kriterien herangezogen werden sollen, beziehungsweise welche Maßstäbe gelten.
Ferner erklärt das Gericht, dass Fahrzeuge wie Fahrräder und E-Scooter nur ein geringes Gefährdungspotential aufweisen würden. Also somit lange nicht die Gefährlichkeit aufweisen wie beispielsweise Autos. Daher würde ein komplettes Verbot für das Führen von Fahrzeugen dieser Art auch einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Fortbewegungsfreiheit darstellen.
Das OVG folgte der Linie, die auch schon unter anderem das OVG in Rheinland-Pfalz und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gefahren sind. Auch diese Gerichte haben bereits entschieden, dass Verbote dieser Art unzulässig sind und der Grundrechtsschutz der Fortbewegungsfreiheit überwiegen.
Die Beschlüsse des OVG sind unanfechtbar.
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agr