Zieht“ ein Autofahrer seinen an den PKW angebrachten Anhänger, wenn er mit dem Fahrzeug rückwärts fährt? Ein wunderbar juristischer Fall, mit welchem sich der BGH auseinanderzusetzen hatte. Er entschied, dass das Rückwärtsrangieren mit einem Anhänger durchaus als auch als Zugbewegung zählt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass auch das Rückwärtsfahren mit einem Anhänger als „Ziehen“ im Sinne des § 19 Abs. 4 S. 4 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) gelte. Es bleibt somit bei der gesetzlichen Regelung, dass bei einem Unfall mit einem Anhänger grundsätzlich der Halter des PKW (bzw. dessen Versicherung) haftet – und das unabhängig der Fahrtrichtung (BGH, Urteil vom 14.11.2023, Az. VI ZR 98/23).

KFZ-Versicherung wollte nur anteilig haften

Hintergrund des Verfahrens war ein Unfall, den ein PKW-Fahrer beim rückwärtsrangieren mit seinem Auto und Anhänger verursacht hatte. Der Fahrer hatte dabei ein ein anderes Fahrzeug beschädigt. Bei dem Unfall entstand ein Schaden in Höhe von 930 Euro. Diesen übernahm zunächst die Kfz-Versicherung, bei der der Unfallverursacher versichert ist. Die Versicherung verlangte sodann die Hälfte von der Versicherung, bei der der Anhänger haftpflichtversichert ist. Sie war der Ansicht, dass diese als Gesamtschuldner (§ 426 BGB) zu gleichen Teilen haften würden. Die Versicherung des Anhängers zahlte jedoch nicht und berief sich auf § 19 Abs. 4 StVG. Danach hafte bei einem Unfall grundsätzlich der Halter des Kraftfahrzeugs bzw. dessen Kfz-Versicherung für den entstandenen Schaden. Nur ausnahmsweise müsse die Versicherung des Anhängers zahlen, wenn der Anhänger wegen seiner besonderen Länge oder Größe eine größere Gefahr darstelle als das Zugfahrzeug selbst. Das bloße „Ziehen“ des Anhängers stelle aber keine solche erhöhte Gefahr dar.

Die Kfz-Versicherung sah dies anders und argumentierte, dass beim Rückwärtsfahren eben kein „Ziehen“ vorliege. Eine entsprechende Klage der Kfz-Versicherung vor dem Landgericht Hannover (Urteil vom 24.02.2023 – 17 S 26/22) blieb erfolglos.

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Auf ein „vorwärts ziehen“ kommt es nicht an

Der BGH wies die Revision nun zurück und entschied, dass auch beim Rückwärtsfahren mit einem Anhänger ein „Ziehen“ im Sinne des § 19 Abs. 4 Satz 4 StVG vorliege.  Eine spezifisch vom Anhänger ausgehende Gefahr verwirkliche sich dadurch alleine nicht. Es sei daher nicht gerechtfertigt, von der Regelung des § 19 Abs. 4 Satz 4 StVG wegen einer gerade durch den Anhänger erhöhten Gefahr abzuweichen.

Weiter stellte der BGH klar, dass „Ziehen“ zwar im Allgemeinen eine Vorwärtsbewegung impliziere, aber nach dem Willen des Gesetzgebers nicht darauf reduziert werden dürfe. In der alten Fassung des Gesetzes sei davon die Rede gewesen, dass ein Anhänger „mitgeführt“ werde. Die Ersetzung durch das Wort „ziehen“ sei rein sprachlicher Natur gewesen und sollte keine inhaltliche Änderung bewirken. Damit sei es unerheblich, ob die Bewegung vorwärts oder rückwärts erfolge. Folglich gelte auch das Rangieren mit dem Anhänger als „Ziehen“.

npr