Nach der Cannabis-Legalisierung Anfang April, kommt nun auch endlich eine zumindest moderate Liberalisierung im Straßenverkehr. Die Ampel verständigte sich auf einen höheren THC-Grenzwert – sowie auf ein strenges Alkoholverbot.
Mit einem neuen Gesetzesentwurf wollen die Ampel-Fraktionen nun einen Bereich regeln, der mit der Cannabis-Legalisierung vom 01. April noch ungeregelt blieb: Der Grenzwert des Cannabis-Wirkstoffs THC im Straßenverkehr soll angehoben werden, und zwar von ehemals 1,0 Nanogramm (ng) pro Milligramm Blutserum auf 3,5 ng (BT Drs. 20/11370). Der Entwurf entspricht damit dem Vorschlag der entsprechenden Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). In diesem Sinne hatte bereits das AG Dortmund einen Fall entschieden und war der jetzigen Ampel-Einigung zuvor gekommen.
In seinem § 44 sieht das mit der Legalisierung eingeführte Konsumcannabisgesetz (KCanG) vor, dass sich eine Expertengruppe innerhalb des BMDV mit der Ermittlung eines neuen THC-Grenzwerts befassen soll, ab dem das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr regelmäßig nicht mehr gewährleistet ist. Der bisherige Wert von 1,0 ng/ml Blutserum galt nach allgemeiner Einschätzung als zu gering, da dieser teilweise noch Tage nach dem ggf. einschränkenden Konsum gemessen werden konnte.
Dem Ergebnis dieser Arbeitsgruppe schlossen sich die Ampel-Fraktionen nun mit einem neuen Gesetzesentwurf an. Das „Sechste Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes […]“ soll die entsprechenden Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) nun ändern und den neuen THC-Grenzwert gesetzlich festschreiben. Bei einer Überschreitung droht nach dem neuen § 24a Abs. 1a StVG eine Geldbuße von 3.000 €.
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Konservativ, aber verhältnismäßig
Die befassten Experten nannten den neuen Grenzwert zurecht „konservativ“, wurde doch im Rahmen der Legalisierung seitens der Linkfraktion eine Anhebung auf ganze 10 ng/ml diskutiert. Dieser Wert sollte in Sachen Fahruntüchtigkeit einem Blutalkoholwert von 0,5 Promille gleichstehen und die bisherige „Null-Toleranz-Grenze“ von 1,0 ng/ml aufheben. Dieser Gleichstellung von Cannabis und Alkohol schloss sich der Bundestag zur Legalisierung allerdings bekanntermaßen nicht an. Der neue Wert von 3,5 ng/ml entspricht dabei eher 0,2 Promille. Für Konsumenten von verschriebenem Medizinalcannabis gilt die neue Ordnungswidrigkeitsvorschrift nicht.
Nach dem neuen Grenzwert sei nach Erkenntnissen der Experten „eine verkehrsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeugs nicht fernliegend, aber deutlich unterhalb der Schwelle, ab welcher ein allgemeines Unfallrisiko beginnt.“ Der neue Grenzwert hat folglich gar nicht den Anspruch, eine allgemeingültige Grenze zu sein, ab der die Wirkung des THC die Sicherheit am Steuer definitiv beeinträchtigt. Er stellt sich eher als noch verhältnismäßiger Mittelweg dar, der solche Konsumenten vom Straßenverkehr fernhalten soll, die in einem gewissen zeitlichen Bezug zum Führen eines Kfz konsumieren. Das Ziel ist laut der Gesetzesbegründung eine „Trennung“ von Straßenverkehr und Cannabis-Konsum.
Praktische Entlastung von Langzeit-Konsumenten durch Speicheltests
Der Gesetzesentwurf führt außerdem aus, dass bei häufigerem Konsum eine Konzentration oberhalb des Grenzwertes festgestellt werden könnte, obwohl wie vom Gesetz gewünscht zwischen Konsum und Fahren getrennt wird. Um dem vorzubeugen, sollen bei Kontrollen empfindliche Speicheltests als Vorscreening zum Einsatz kommen. Ist ein solcher Schnelltest negativ, soll es nur dann noch zu einem weiteren Bluttest kommen, wenn der Fahrer Ausfallerscheinungen hat.
Mit dieser Strategie sollen verstärkt Fälle ins Visier genommen werden, in denen unmittelbar vor Fahrtantritt konsumiert wurde, während Langzeit-Konsumenten entlastet werden. Eine entsprechende gesetzliche Regelung gebe es dafür zwar nicht, allerdings wolle das BMDV die Bundesanstalt für Straßenwesen damit beauftragen, die praktischen Details dieses Vorgehens näher abzuklären.
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Mischkonsum ist verboten
Von der Gesetzesänderung betroffen ist auch der Mischkonsum von relevanten Mengen Cannabis und Alkohol. Nach einem neuen § 24a Abs. 2a StVG droht ein höheres Bußgeld von bis zu 5.000 €, wenn der Konsument vor oder während einer Fahrt Alkohol trinkt, bei der er den neuen THC-Grenzwert überschreitet.
Für Fahranfänger in Probezeit und junge Fahrer unter 21. Jahren ist der Mischkonsum schon ab dem alten THC-Grenzwert von 1,0 ng/ml Blutserum bußgeldbewehrt verboten.
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