1,32 Promille durch Pralinen? Diese Ausrede eine Autofahrers hielt das AG Frankfurt für wenig glaubhaft und entzog einem überführten Autofahrer die Fahrerlaubnis. Eine solche Blutalkoholkonzentration könne zwar z.B. durch den Verzehr von mindestens 132 Mon-Cherie-Pralinen zustande kommen, doch eine solche Alkoholzunahme nicht zu bemerken, sei unzweifelhaft “gelogen”.

Das Amtsgericht (AG) Frankfurt a.M. hat einem Autofahrer wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 Strafgesetzbuch (StGB) die Fahrerlaubnis entzogen und eine Geldstrafe angeordnet (AG Frankfurt am Main, Urteil vom 29.08.2024, Az. 907 Cs 515 Js 19563/24). Die Pralinen-Geschichte, die der Autofahrer dem Gericht auftischte, veranlasste die Richter dazu, ein bezauberndes Urteil zu verfassen.

1,32 Promille durch Pralinen?

Im Januar 2024 war Polizisten ein Pkw beim Überfahren einer roten Ampel in Hofheim am Taunus aufgefallen. Die anschließende Polizeikontrolle ergab, dass der Fahrer aufgrund einer Blutalkoholkonzentration von 1,32 Promille nicht mehr in der Lage gewesen war, sein Fahrzeug mit der erforderlichen Sicherheit im Straßenverkehr zu führen.

In der Verhandlung gab der Mann sodann eine kuriose Erklärung für seine Alkoholisierung an:

„Ich war in der Sauna, habe viele Saunaaufgüsse gemacht. Ich bin spät raus, fühlte mich nicht wohl. Ich hatte wohl zu viele Aufgüsse. Ich bin im Auto eingeschlafen. An der Scheibe klopfte ein Pärchen aus einem Fahrzeug aus Belgien. Ich sagte, ich fühle mich nicht wohl, bin unterzuckert. Sie reichten mir einen Beutel mit Pralinen. Die habe ich gegessen. Danach ging es mir noch schlechter. Ich bin losgefahren und merkte, ich muss aufs Klo. Ich nahm die Ausfahrt …, wollte zu McDonalds. Da hielt mich die Polizei an.“

Befragt, welche Art von Pralinen ihm angeboten wurden, gab der Mann an, dass es schwarze Zartbitter-Schokolade gewesen sei und er annehme, dass die Pralinen mit Vodka gefüllt waren. Er habe nur die Schokolade geschmeckt und keinen Alkohol wahrgenommen. Bei Rum-Pralinen habe er mal sofort den Alkohol geschmeckt, hier jedoch nicht. Es habe ein bisschen gebrannt, so der Mann. Auf Nachfrage, ob denn in den Pralinen Flüssigkeit war, bejahte er dies gegenüber dem Gericht. Ob ihm so nicht die Möglichkeit in den Sinn gekommen sei, dass es sich bei der Flüssigkeit in den Pralinen um etwas Alkoholisches gehandelt haben könnte, äußerte er, dass er sich einfach gefreut habe, etwas zu essen zu haben. Er habe sich keine Gedanken darüber gemacht, ob es Alkohol war. Und auf die Frage nach der Größe der Pralinen, antwortete er, dass diese ein bisschen kleiner als ein Tischtennisball gewesen seien. Sie seien rund gewesen. Jedenfalls habe er viele davon gegessen, mindestens 8 bis 9 Pralinen seien es gewesen.


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Wenig glaubhafte Aussagen

Das Gericht hielt die Aussagen des Mannes insgesamt für wenig glaubhaft, holte aber sogar ein Sachverständigengutachten ein, um die Aussagen des Mannes einordnen zu können. Um eine Blutalkoholkonzentration von 1,32 Promille zu erreichen, hätte der Mann nach Einschätzung der Sachverständigen etwa 0,2 bis 0,3 Liter eines hochprozentigen Getränks (40 bis 60%) trinken müssen. Das entspräche mindestens 132 Pralinen der bekannten Piemontkirsche „Mon Chéri“. Das Gericht jedenfalls nahm es bei der Wahrheitsfindung sehr genau und erklärte:

Zudem ist die Einlassung des Angeklagten auch nach allgemeiner Lebenserfahrung und unter Berücksichtigung des eingeholten Gutachtens absolut lebensfern. Wenn man auf Grundlage der ursprünglichen Schätzung des Angeklagten, er habe 8 bis 9 Pralinen gegessen, von einer Anzahl von 12 Pralinen ausginge, müsste in jeder der Pralinen immer noch mehr als 2 cl eines 40%igen alkoholhaltigen Getränks enthalten gewesen sein. Anders ausgedrückt müsste jede Praline mindestens einen „Shot“ hochprozentigen Alkohols enthalten haben.”

Dabei mag grundsätzlich nicht ausgeschlossen sein, dass solche Pralinen dem Grunde nach hergestellt werden könnten. Wenn diese jedoch zugleich etwas kleiner als ein Tischtennisball wären, der ein Volumen von ca. 33,5 cm³ hat, würde dies bedeuten, dass mindestens 2/3 des Volumens (2 cl = 20 cm³) der Praline aus 40%igem Schnaps bestanden haben müsste, während nur knapp 1/3 für die Schokolade übrige bliebe. Ob man eine solche Anfertigung überhaupt noch als Praline bezeichnen könnte, kann mit guten Gründen bezweifelt werden. Jedenfalls müsste es sich bei dieser „Praline“ um eine absolut außergewöhnliche Sonderanfertigung handeln.”

Es erscheint somit schon kaum vorstellbar, dass derartige Shots mit Schokoladenüberzug überhaupt irgendwo (auch nicht in Belgien) käuflich erworben werden können und zudem zufällig dem Angeklagten mitten in der Nacht auf einem Parkplatz von unbekannten Menschen angeboten wurden.”

Absolut fernliegend ist hingegen, dass der Angeklagte von dem in den „Pralinen“ enthaltenen Alkohol nichts gemerkt haben will. Wenn der Angeklagte, wie er sagt, seit 2014 keinerlei Alkohol getrunken hat, ist aus Sicht des Gerichts ausgeschlossen, dass er bei der notwendigerweise erforderlichen Menge hochprozentigen Alkohols nichts von enthaltenem Alkohol gemerkt haben will. Die Vermutung des Angeklagten, es müsse Vodka gewesen sein, da er nichts geschmeckt habe, wurde durch die Erläuterung der Sachverständigen zur Begleitstoffanalyse eindeutig widerlegt.”

Der Versuch des Mannes, sich “dem Gericht von seiner Schokoladenseite zu präsentieren, war folglich nicht von Erfolg gekrönt“. Es könne auch ohne Zweifel festgestellt werden, dass der Mann bewusst alkoholische Getränke zu sich nahm, bevor er das Fahrzeug geführt habe. Er habe sich daher wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr strafbar gemacht.

tsp