Ein Journalist wollte für eine „bessere“ Berichterstattung die Seitenstreifen und Betriebsausfahrten auf Autobahnen nutzen. Seine Klage auf entsprechende Genehmigungen blieb jedoch erfolglos, da der VGH Baden-Württemberg der Verkehrssicherheit den Vorrang einräumte.
Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden Württemberg hat die Berufung eines Journalisten zurückgewiesen, der mit seiner Klage straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigungen zur Nutzung des Seitenstreifens und der Betriebsausfahrten auf Autobahnen erreichen wollte. Der VGH folgte dem Journalisten jedoch nicht darin, dass das Land sowie die Autobahn GmbH des Bundes insbesondere wegen seiner Presse- oder Informationsfreiheit verpflichtet seien, die von ihm gewünschten Ausnahmen zu genehmigen.
„Blaulicht-Journalist“ wollte Ausnahmegenehmigung für Seitenstreifen
Der Journalist berichtete in seiner Tätigkeit über Verkehrsunfälle auf Autobahnen. Damit er Unfallstellen auf Autobahnen anfahren und zeitnah erreichen kann, beantragte er im Jahr 2020 bei dem Regierungspräsidium Karlsruhe die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Straßenverkehrsordnung (StVO) zum Befahren des Seitenstreifens, zum Halten auf dem Seitenstreifen und zum Betreten des Seitenstreifens sowie zur Nutzung der Betriebsausfahrten auf Bundesautobahnen. Das Regierungspräsidium Karlsruhe lehnte diesen Antrag unter Hinweis auf den Vorrang der Verkehrssicherheit jedoch ab. Seitenstreifen und Betriebsausfahrten seien nicht für den Verkehr vorgesehen, ihre Benutzung sei mit erhöhten Gefahren verbunden und könne in Stausituationen Nachahmer animieren. Zudem sei die Polizei mit der Sicherung der Unfallstelle beschäftigt und könne nicht auch die Einhaltung von Ausnahmegenehmigungen überwachen.
Der VGH entschied nun, dass der Journalist keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der begehrten Ausnahmen habe. Die Erteilung der Ausnahmen stehe im Ermessen des Landes und der Autobahn GmbH des Bundes. Diesen stehe deshalb eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Entscheidungsfreiheit zu. Das Ermessen sei auch nicht zu Gunsten des Journalisten „auf Null reduziert“. Die Presse-, Rundfunk- oder Informationsfreiheit des Journalisten (Art. 5 Abs. 1 GG) begründeten laut Gericht ebenso wenig wie dessen Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) einen solchen Anspruch. Ein etwaiger Eingriff in diese Grundrechte könne jedenfalls durch den ebenfalls grundrechtlich gewährleisteten Schutz von Leib und Leben Dritter (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) gerechtfertigt werden. Durch die begehrten Nutzungen der Autobahn würden Leib und Leben anderer Personen einer erhöhten Gefahr ausgesetzt. Insbesondere bestehe ein erhöhtes Unfallrisiko sowie die Gefahr, dass Einsatzkräfte bei der Anfahrt von Unfallstellen sowie ihrem dortigen Einsatz behindert würden.
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Ablehnung der Anträge war rechtmäßig
Das Land sowie die Autobahn GmbH hätten das ihnen eingeräumte Ermessen bei der Ablehnung der Anträge auf Erteilung von Ausnahmegenehmigungen auch fehlerfrei ausgeübt, weshalb der Journalist keinen Anspruch darauf habe, dass über seinen Antrag nochmals neu entschieden werden müsse.
Das Land und die Autobahn GmbH hätten die grundrechtlich geschützten Interessen erkannt und ermessensfehlerfrei mit den entgegenstehenden Interessen, insbesondere mit der Verkehrssicherheit und dem damit einhergehenden Schutz von Leib und Leben Dritter abgewogen. Mildere Mittel als die Ablehnung – etwa eine Markierung des Fahrzeugs des Journalisten oder das Anbringen einer gelben Rundumleuchte – seien rechtlich nicht zulässig oder nicht geeignet, die durch die begehrten Ausnahmegenehmigungen entstehenden Gefahren hinreichend abzuwenden.
Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen. Dagegen kann der Journalist nun binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht einlegen.
tsp