Das VG Berlin entschied darüber, wann eine Behörde alles getan hat, um einen geblitzten Fahrzeugführer zu identifizieren. Die zuständige Behörde hatte zwar eine Person befragt, aber nicht auf Google gesucht. Das Gericht hielt dies allerdings für „besonders naheliegend“ und hob die ergangene behördliche Auflage auf.

Laut dem Verwaltungsgericht (VG) Berlin handele eine Behörde rechtswidrig, wenn sie vor der Verhängung einer Fahrtenbuchauflage nicht alle Erkenntnismöglichkeiten ausschöpfe, um den Fahrzeugführer zu ermitteln. Dabei dränge sich eine Google-Bildersuche gerade auf. Eine entsprechende Fahrtenbuchauflage sei damit rechtswidrig (Urt. v. 26.06.2024, Az. 34 K 11/23)

Hintergrund ist ein Verkehrsverstoß vom Mai 2019. Ein als Firmenfahrzeug angemeldeter Audi Quattro fuhr innerorts mit 30 Stundenkilometern zu viel und wurde von der Polizei geblitzt. Anhand des Blitzerfotos konnte der Fahrzeugführer allerdings nicht ohne Weiteres festgestellt werden. Die Polizei hörte das Unternehmen an, dessen Geschäftsführer jedoch keine Angaben machte. Daraufhin verpflichtete die Zulassungsbehörde das Unternehmen dazu, für das Firmenfahrzeug ein Fahrtenbuch zu führen. Das Unternehmen wendete sich gegen die Fahrtenbuchauflage und bekam nun vor dem VG Berlin Recht.

Feststellung des Fahrzeugführers war nicht unmöglich

Dass dem Fahrzeughalter (hier der Firma) eine Fahrtenbuchauflage erteilt werden kann, wenn der verkehrssündige Fahrzeughalter nicht ermittelt werden kann, entspricht an sich der gängigen Praxis. Allerdings ist dies nur dann möglich, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers unmöglich ist (§ 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO)

Und unmöglich sei die Feststellung laut dem VG Berlin in diesem Fall gerade nicht gewesen. Denn dafür müssten alle „angemessenen und zumutbaren Erkenntnismittel“ erfolglos geblieben sein. Anhand des „guten Frontfotos“, das beim Blitzen entstanden war, wäre laut Gericht eine Google-Recherche zu erwarten gewesen. Dem Einzelrichter sei es „nämlich ohne großen Aufwand, insbesondere ohne Anlegung gesonderter Accounts in sozialen Netzwerken […] möglich gewesen, den Geschäftsführer als Fahrzeugführer zu identifizieren.“

Dass die Polizei diese Methode nicht genutzt hatte, sei vor allem deshalb nicht zu verstehen, da Google als allgemein zugängliche Quelle verwertbare Informationen enthalte, die regelmäßig DSGVO-konform seien. In diesem Fall habe der Firmenname in Kombination mit dem Namen des Geschäftsführers genügt, um einen Abgleich mit dem Foto zu ermöglichen.

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Schweigen des Fahrzeughalters schadet nicht

Das Gericht führte außerdem aus, dass die fehlende Aufklärungsbereitschaft des Geschäftsführers an dieser Situation nichts ändere. Zwar hat dieser in der Tat bestritten, dass ein Verkehrsverstoß vorgelegen habe und auf eine Verwechslung hin argumentiert, eine weitergehende Recherche wäre der Polizei aber trotzdem zumutbar und gerade nicht „uferlos“ geworden. Eine Google-Recherche sei „so gut wie kein Aufwand“ und es habe aufgrund des Fahrzeugtyps „Audio Quattro“ nahe gelegen, dass sich der Geschäftsführer hinter dem Steuer befand.

Die Behörde habe die weiteren Ermittlungstätigkeit aufgrund der fehlenden Mitwirkung auch nicht einstellen dürfen. Indem sie nicht auf Google gesucht hatte, habe sie im Ergebnis also den Untersuchungsgrundsatz des Ordnungswidrigkeitenrechts missachtet (§ 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 160 Abs. 1 und 2 StPO). Eine Fahrtenbuchauflage sei auch bei einem schwerwiegenden Verkehrsverstoß gerade keine persönliche Strafe für die fehlende Mitwirkung, sondern eine präventive Maßnahme, so das Gericht.

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