Fährt man als Autofahrer in ein ver­kehrs­wid­rig wen­den­des Fahr­zeug, ob­wohl man hätte brem­sen kön­nen, haf­tet man zu 50% mit. Dies hat das LG Hanau entschieden.

Als Autofahrer darf man sich nicht darauf verlassen, dass ein Auto, welches verkehrswidrig wendet, rechtzeitig weiterfährt, sondern man muss eine Kollision gegebenenfalls durch vollständiges Anhalten seines Fahrzeugs verhindern. Tut man dies nicht, trifft einen ein 50%iges Mitverschulden, so das Landgericht (LG) Hanau (LG Hanau, Hinweisbeschluss vom 13.06.2023, Az. 2 S 62/22).

Der im Verfahren beklagte Autofahrer beabsichtigte, mit seinem Auto verkehrswidrig auf der Straße zu wenden. Zu diesem Zweck schlug er zum Wenden ein, musste jedoch auf seiner Fahrspur halten, da sich auf der Gegenfahrbahn noch Gegenverkehr befand. Der klagende Autofahrer näherte sich dem wendenden Fahrzeug auf derselben Fahrbahn. Nachdem er das vor ihm quer stehende Fahrzeug bemerkte, hupte er und verlangsamte zwar seine Geschwindigkeit, fuhr jedoch sodann in das Auto hinein. 

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Nachdem der wendende Fahrer die Hälfte des entstandenen Schadens ersetzt hatte, machte der klagende Autofahrer nunmehr auch die übrigen Schadenskosten geltend. Er war der Ansicht, dass der Verkehrsunfall ausschließlich von dem wendenden Autofahrer aufgrund seines verkehrswidrigen Manövers verursacht worden sei.

Das LG Hanau folgte dieser Ansicht jedoch nicht, sondern hielt den klagenden Fahrer zu gleichen Teilen für den Verkehrsunfall für mitverantwortlich. Zwar sei dem vorausfahrenden Fahrer zunächst vorzuhalten, dass er verkehrswidrig auf der Straße wendete und zudem quer auf der Fahrbahn zum Stehen gekommen sei. Demgegenüber sei dem dahinterfahrenden Fahrer ein im Ergebnis gleich hohes Fehlverhalten vorzuwerfen. Denn dieser hätte nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Wendende sein Fahrzeug von der Fahrbahn entferne, bevor er die Stelle passiere. Obwohl er tatsächlich hätte rechtzeitig abbremsen können, habe er lediglich seine Geschwindigkeit verringert und sei somit ohne zwingenden Grund in das wendende Auto hineingefahren. Das stelle einen Verstoß gegen das allgemeine verkehrsrechtliche Rücksichtnahmegebot dar.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

tsp