Ein Autor von Ratgebern zur Persönlichkeitsentwicklung hatte ähnliche Werke anderer Autoren in einem sozialen Netzwerk unter anderem als „Schrottbücher“ bezeichnet. Das durfte er auch, entschied jetzt das OLG Frankfurt a.M.: Seine Äußerungen seien von der Meinungsfreiheit gedeckt und daher nicht wettbewerbswidrig.
Ein Autor äußerte sich negativ über Ratgeberbücher von Wettbewerbern auf der Plattform eines sozialen Netzwerkes. Darin liege kein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 des Gesetzes gegen und Unlauteren Wettbewerb (UWG), wenn eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung des Rechts auf freie Meinungsäußerung ergebe, dass die Äußerung nicht herabsetzend sei. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. kürzlich in einem Eilverfahren entschieden (Beschl. v. 11.03.2022, Az. 6 W 14/22).
Autor darf Werke der Konkurrenz als „Schrottbücher“ bezeichnen
Ein Verleger und Autor, der auf Amazon Ratgeberbücher zur Persönlichkeitsentwicklung vertreibt, äußerte sich auf der Plattform eines sozialen Netzwerks negativ über Bücher von Wettbewerbern. Unter anderem veröffentlichte er einen Beitrag, der einen Link zu einer umfangreichen, von ihm verfassten Darstellung mit dem Titel „Wettbewerbswidrige Schrottbücher übernehmen den Ratgebermarkt“ enthielt. Dort beschrieb er in allgemeiner Art und Weise das Verhalten einiger „schwarzer Schafe“ der Branche. Daneben wurden unter anderem die Begriffe „Lügner“ und „Saboteure“ verwendet.
Eine Mitbewerberin, die ebenfalls Bücher zur Persönlichkeitsentwicklung vertreibt, wollte hiergegen vor dem Landgericht (LG) Frankfurt a.M. eine einstweilige Verfügung wegen wettbewerbswidriger Herabsetzung erwirken. Das LG wies den Verfügungsantrag jedoch zurück, auch die Beschwerde vor dem OLG blieb erfolglos.
Die Richter stellten klar, dass die negativen Urteile zwar geeignet seien, den eigenen Wettbewerb zum Nachteil der Konkurrenz zu fördern. Dies gelte auch, wenn die Wettbewerber – wie hier – ungenannt blieben. Gleichwohl fehle es an der gem. § 4 Nr. 1 UWG notwendigen Herabsetzung oder Verunglimpfung. Die angegriffenen Äußerungen seinen vielmehr vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) erfasst.
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Hohe Hürden der Meinungsfreiheit
Es handele sich – entgegen der Auffassung der antragsstellenden Autorin – nicht um eine substanzarme Äußerung. Vielmehr habe der Autor in dem verlinkten Online-Artikel – der in dem Social Media-Post ausdrücklich in Bezug genommen werde und dessen Ankündigung die Veröffentlichung diente – ausführlich seine Auffassung erörtert und mit Tatsachen fundiert. Insbesondere habe er den Begriff des „Schrottbuches“ näher erläutert und auch näher ausgeführt, worin seiner Meinung nach die „Sabotage“ bestand, die er erwähnt hatte. Zudem habe er ausführlich von mehreren Droh-E-Mails berichtet und diese zitiert sowie dargelegt, dass auch andere Rezensenten entsprechenden Angriffen ausgesetzt wären.
Nach Auffassung der Richter war ferner zu berücksichtigen, dass bei werblichen Äußerungen über Themen von erhöhter gesellschaftlicher, politischer oder sozialer Bedeutung, die zum geistigen Meinungskampf in der Öffentlichkeit anregen sollen, der Nachweis einer Gefährdung des Wettbewerbs nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besonderen Anforderungen unterliegt. Im vorliegenden Fall habe der Autor ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit befriedigt, indem er auf mutmaßliche Missstände auf der Amazon hinwies, die mit gefälschten Bewertungen und algorithmusgesteuerten Empfehlungen einhergingen. Dies gelte erst recht, wenn durch die vom Autor dargestellten Versuche Druck auf diejenigen ausgeübt werden solle, die negative Bewertungen abgegeben haben. Auf Grund dieses Sachbezugs stellten Äußerungen wie „Lügner“ und „Saboteure“ nach Auffassung des OLG auch keine – von der Meinungsfreiheit nicht geschützte – Schmähkritik dar.
„Ganz erheblich“ zu Gunsten des Autors berücksichtigten die Richter zudem, dass weder über die antragsstellende Mitbewerberin noch über einen anderen Wettbewerber identifizierend berichtet wurde. Andere Gerichte hatten in der Vergangenheit zwar klargestellt, dass eine Herabsetzung auch bei nicht-identifizierenden Äußerungen in Betracht kommt. Das OLG Frankfurt a.M. betonte jedoch, dass die Frage nach dem Vorliegen eines Herabsetzens stets anhand einer Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu klären sei. Und bei dieser Art der Berichterstattung werde das Interesse eines Mitbewerbers erheblich weniger beeinträchtigt, als wenn er durch die Herabsetzung individuell identifiziert werde.
Die OLG-Richter gestanden zu, dass die in dem Social Media-Post verwendeten Formulierungen durchaus als scharf zu werten sind. Durch den erläuternden Kontext, in den sie eingebettet wären, käme ihnen hier aber kein herabsetzender Charakter zu.
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jko