Wann müssen in einem Werbevideo die Pflichtangaben zu sehen sein? Existiert eine bestimmte zeitliche Grenze oder reicht es, wenn die Angaben erst irgendwann im Video auftauchen? Diese pauschale Frage klärte das LG Lübeck zwar nicht. Dafür schaffte das Gericht aber Klarheit in einem Einzelfall: Die Betreiberin eines Autohauses hatte die Pflichtangaben erst nach 17 Sekunden im Video eingeblendet. Ein Umwelt- und Verbraucherschutzverband mahnte das Autohaus hierfür ab.

Wer ein Werbevideo für ein Auto erstellt, muss Informationen über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emission einblenden. Die Angaben dürfen aber auch nicht zu spät im Video erscheinen, wie das Landgericht (LG) Lübeck nun entschied. Laut Gericht sei es möglich, dass die Verbraucher das Video nicht bis zur Sekunde 17 ansehen – die Angaben im gerügten Video kamen somit zu spät (Urt. v. 13.06.2023, Az. 13 HKO 36/21).

Die Betreiberin eines Autohauses in einer Kleinstadt in Schleswig-Holstein wurde wegen einer Werbung auf Facebook von einem Umwelt- und Verbraucherschutzverband abgemahnt. Davor gab es schon im Dezember 2019 einen Vorfall ähnlicher Natur. Damals hat die Betreiberin gegenüber dem Kläger eine Unterlassungserklärung abgegeben und sich verpflichtet, keine Werbung mehr zu schalten, die nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Darstellung des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emission entspricht.

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Scheinbar hatte die abgegebene Unterlassungserklärung nicht die vom Umwelt- und Verbraucherschutzverband erhoffte Wirkung. Denn im Juni 2021 lud die Betreiberin auf ihrer Facebook-Seite erneut einen Videoclip mit einer Länge von 25 Sekunden hoch, der für das neuste Modell einer bekannten Automarke warb. Zunächst wurden die Vorzüge des neuen Autos hervorgehoben. Erst bei Sekunde 17 wurden dann die Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen des Fahrzeugs eingeblendet. Der Verband zögerte nicht und mahnte die Betreiberin des Autohauses, wie schon 2019, ab und machte eine Vertragsstrafe geltend.

Wann müssen Angaben über den Kraftstoffverbrauch angezeigt werden?

Das LG Lübeck urteilte unter Berufung auf eine gleichlautende Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Köln, dass der Werbeclip gegen die gesetzlichen Vorgaben zur Transparenz verstoße und somit auch gegen die vorherige Vereinbarung zur Unterlassung. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass das Video nicht sicherstelle, dass der Zuschauer die Informationen über Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen zur Kenntnis nehmen kann, während Angaben zur Motorisierung des Autos gemacht werden. Dafür habe die Einblendung der Pflichtangaben früher erfolgen müssen, 17 Sekunden seien zu spät. Es könnte außerdem sein, dass dem Videoclip möglicherweise nur wenig oder nur eine kurze Aufmerksamkeit geschenkt werden, weshalb es gut möglich sei, dass die Einblendung notwendiger Informationen übersehen werden, wenn sie erst nach 17 Sekunden erfolge.

Vertragsstrafe wegen „kerngleichen“ Verstoßes fällig

Die Betreiberin verteidigte sich damit, dass sich ihre Unterlassungserklärung von 2019 auf einen konkreten Post beziehen würde, der mit der nunmehr beanstandeten Werbung nicht identisch sei. Das konnte das LG Lübeck nicht überzeugen. Das Gericht argumentierte, dass hier wieder eine Werbung für ein konkretes Auto unter Verstoß gegen Informationspflichten zu Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen über Facebook verbreitet würden. So kam das Gericht zu dem Entschluss, dass die Handlung „kerngleich“ sei – die Betreiberin müsse aus diesem Grund eine Vertragsstrafe in Höhe von 4.500 Euro zahlen.

agü