Wird ein Unternehmer oder eine Privatperson rechtswirksam abgemahnt und gibt eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, so ist in dieser meistens auch eine Vertragsstrafe für den Fall festgelegt, dass der Abgemahnte erneut die Rechte des Abmahnenden verletzt. Die Höhe der Vertragsstrafe ist bei Privatpersonen durch ein Gericht gem. § 343 BGB überprüfbar. Bei Unternehmen ist dies allerdings anders. So legt § 348 HGB fest, dass eine Herabsetzung der Vertragsstrafe wegen unverhältnismäßiger Höhe ausgeschlossen ist.
In einem Urteil vom 17.07.2008 (Az. I ZR 168/05) hat der BGH nun entschieden, dass in bestimmten Fällen eine gerichtliche Überprüfung von unangemessen hohen Vertragsstrafen auch bei Unternehmern möglich ist. Das Gericht führte hierzu aus:
„(…)Die Parteien haben im Streitfall eine Vertragsstrafe für jedes angebotene, verkaufte oder verbreitete Produkt in Höhe von 7.669,38 € vereinbart. Diese ausdrückliche Vereinbarung schließt eine Zusammenfassung mehrerer oder aller Verstöße zu einer einzigen Zuwiderhandlung nach den Grundsätzen der natürlichen Handlungseinheit oder einer Handlung im Rechtssinne aus. Bei 7.000 verkauften Wärmekissen ist die Vertragsstrafe damit ebenfalls 7.000 mal verwirkt. Daraus errechnet sich eine Vertragsstrafe von mehr als 53 Mio. €.
Die Vertragsstrafe von mehr als 53 Mio. € ist gemäß § 242 BGB wegen unverhältnismäßiger Höhe auf einen Betrag herabzusetzen, der jedenfalls 200.000 € nicht übersteigt.
Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe wegen unverhältnismäßiger Höhe nach § 343 BGB ist zwar gemäß § 348 HGB vorliegend ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift kann eine Vertragsstrafe nicht nach § 343 BGB herabgesetzt werden, die ein Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes versprochen hat. Diese Voraussetzungen liegen bei den Beklagten im Streitfall vor (§§ 1, 5, 343 HGB). Dies schließt in besonders gelagerten Fällen aber nicht aus, dass auch bei einer von einem Kaufmann übernommenen Vertragsstrafe eine Herabsetzung nach § 242 BGB in Betracht kommt. Davon ist vorliegend auszugehen. Eine Vertragsstrafe von mehr als 53 Mio. € steht in einem solchen außerordentlichen Missverhältnis zu der Bedeutung der Zuwiderhandlung, dass ihre Durchsetzung einen Verstoß gegen den das gesamte Rechtsleben beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben darstellt. Die von den Beklagten verwirkte Vertragsstrafe ist deshalb auf ein Maß zu reduzieren, das ein Eingreifen des Gerichts nach § 242 BGB noch nicht rechtfertigen würde. Eine weitergehende Verringerung der Vertragsstrafe auf einen angemessenen Betrag kommt dagegen nach § 242 BGB nicht in Betracht. Die Herabsetzung der Vertragsstrafe auf ein angemessenes Maß durch das Gericht sieht § 343 BGB vor, dessen Anwendung vorliegend gemäß § 348 HGB gerade ausgeschlossen ist. Diese gesetzliche Folge darf nicht durch die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 BGB umgangen werden. Vielmehr ist die Vertragsstrafe nur soweit zu reduzieren, als der Betrag unter Würdigung aller Umstände im Einzelfall nach dem Grundsatz von Treu und Glauben noch hingenommen werden kann. Anhaltspunkt für die Bestimmung des Betrages kann insoweit das Doppelte der nach § 343 BGB angemessenen Vertragsstrafe sein. (…)“
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