Über einen unglaublichen Fall berichtet heute die Augsburger Allgemeine. Nach dem Kauf eines Fliegenschutzgitters für 22,51 Euro war der Kunde mit der Bedienungsanleitung zur Montage nicht zufrieden und gab darauf eine schlechte Amazon-Bewertung für den Händler ab. Nach Darstellung des Kunden forderte der Händler dann zur Löschung der Bewertung auf und drohte mit einer Anzeige. Davon berichtete der Kunde Amazon. Der Shop des Händlers wurde geschlossen. Jetzt fordert der Händler vom Kunden 70.000 Euro Verdienstausfall und verklagte ihn vor dem Landgericht Augsburg. Zu Recht? RA Christian Solmecke mit einer ersten Bewertung des Falles:

 

Negative Bewertung muss wahr sein

„Grundsätzlich gilt für Bewertungen auf Bewertungsportalen im Internet, dass diese wahr sein müssen. Hier wird also zunächst einmal zu klären sein, ob die abgegebene Bewertung unwahr ist.

Beleidigungen sind unzulässig

Darüber hinaus können negative Bewertungen auch noch untersagt werden, wenn sie beleidigenden Inhalt haben oder als Schmähkritik zu werten sind.

Im vorliegenden Fall ist dies jedoch nicht gegeben. Vielmehr stellt die negative Bewertung eine freie Meinungsäußerung dar.

Möglicherweise muss man die streitgegenständliche Amazon Bewertungen auch in zwei Teile teilen: Zunächst einmal könnte die Sternchen-Bewertung als Meinungsäußerung betrachtet werden. Diese ist grundrechtlich geschützt und damit zulässig. Die Aussage über die falsche Bedienungsanleitung könnte dann die unwahre Tatsachenbehauptung darstellen. In einem weiteren Schritt wäre dann zu klären, warum Amazon den Account des Händlers tatsächlich gesperrt hat.

Erfolgte die Sperrung aufgrund der Aussage zur Bedienungsanleitung, könnte ein Schadensersatzanspruch wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung des Unternehmens tatsächlich dem Grunde nach gegeben sein.

Erfolgte die Sperrung jedoch allein aufgrund der Sternchen-Bewertung, so kann dem Kunden kein Vorwurf gemacht werden. Diese negative Bewertung war vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Ohnehin dürfte es schwierig sein, nachzuweisen, was der genaue Grund von Amazon für die Sperrung des Händler-Kontos war. Lagen zum Beispiel schon 20 negative Bewertungen vor und hat die jetzt streitgegenständliche Bewertung das Fass quasi nur noch zum Überlaufen gebracht, kann der Kunde nicht allein verantwortlich gemacht werden.

Letztlich ist auch noch denkbar, dass das Konto des Händlers gesperrt worden ist, da der Kunde Amazon von der Drohung des Händlers mit einer Anzeige berichtet hat. Dann wird es maßgeblich darauf ankommen, ob es diese Drohung tatsächlich gab.

Sofern also in dem Gerichtsverfahren festgestellt wird, dass die Sperrung allein aufgrund einer unwahren Tatsachenbehauptung des Kunden erfolgte, muss geprüft werden, ob diese Sperrung tatsächlich zu Umsatzverlusten geführt hat. Geltend gemacht werden können dann allerdings nicht die vollen Umsatzverluste sondern vielmehr der tatsächlich entstandene Schaden, der möglicherweise im entgangenen Gewinn zu sehen sein kann. Bei negativen Bewertungen ist es oftmals nicht möglich, den Schaden exakt zu berechnen, den eine einzige falsche Bewertung angerichtet hat. Hier könnte der Fall anders liegen, sofern klar festgestellt werden kann, dass das Konto nur aufgrund dieser einen Bewertung gesperrt worden ist und damit der gesamte Handel über Amazon gestoppt wurde.

Wie der Fall gelöst werden muss, wird demnach maßgeblich vom Ergebnis der Beweisaufnahme abhängen.“