Wer im Bereich E-Commerce tätig ist, sollte die Regeln des BGB für Online-Marktplätze gut kennen. Ein neueres Urteil des OLG Hamburg zeigt allerdings, dass auch den Gerichten nicht immer klar ist, was die deutschen Vorschriften nun genau verlangen. Das „Up Plus“-Programm des Online-Versandhauses „Otto“ warf Fragen auf: Braucht es dafür einen Abo-Kündigungsbutton, obwohl die Kunden nur einmal zahlen?

Mit dem Gesetz für faire Verbraucherverträge wurde am 1.7.2022 unter anderem § 312k BGB eingeführt, der die Einführung eines Kündigungsbuttons regelt. Nach wie vor wird intensiv darüber diskutiert, wann die Vorschrift anzuwenden ist und wie der Button konkret auszugestalten ist. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg stellte in seinem Urteil vom 22.08.2024 klar, dass § 312k BGB nur auf Verträge mit fortlaufenden Leistungspflichten des Verbrauchers anzuwenden ist, nicht jedoch bei einmaligen Zahlungsverpflichtungen, die automatisch enden (OLG Hamburg, Urteil vom 22.08.2024, Az. 6 UKI 1/23).

Damit wurde die Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) gegen die Otto GmbH & Co. KG abgewiesen. Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand das kostenpflichtige Vorteilsprogramm „UP Plus“ auf der Website des bekannten Handels- und Dienstleistungsunternehmens. Hierfür zahlten Kunden einmalig 9,90 € und bekommen im Gegenzug Punktegutschriften für zukünftige Bestellungen sowie kostenlosen Versand. Dieser Vertrag endete nach zwölf Monaten automatisch und ohne Verlängerung.

Ein Kündigungsbutton wurde nicht bereitgestellt, was die Verbraucherschützer im Hinblick auf § 312k BGB beklagten. Dieser verpflichte Unternehmen gerade zur Einrichtung eines solchen Online-Kündigungsbutton, der eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung erlaubt. Das OLG Hamburg sah diese Pflicht bei Otto allerdings nicht und wies die Klage ab.

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Keine Kostenfalle bei Einmalzahlung

Der Verband verwies in seiner Argumentation auf ein Urteil des Kammergerichts Berlin (KG Berlin, Urt. v. 5.6.2024, Az. 23 MK 6/23), welches im dortigen Verfahren einen Kündigungsbutton für notwendig erachtete, da der Verbraucher bei Vertragsschluss nicht absehen könne, ob und wie häufig er das Angebot der Beklagten nutzen würde und ob sich der Vertrag für ihn letztlich lohne. Dieser Auffassung folgte das OLG jedoch nicht. Nach Ansicht des OLGs solle der § 312k BGB nicht vor Verträgen schützen, die sich möglicherweise als wenig vorteilhaft erweisen. Stattdessen stehe der Schutz vor Kostenfallen im Vordergrund, die meistens mit unübersichtlichen oder langfristigen Zahlungspflichten einhergingen.

Laut Gericht finde § 312k BGB daher nur Anwendung auf Dauerschuldverhältnisse, bei denen Verbraucher wiederkehrende Zahlungspflichten eingingen. Das Bonus-Programm „UP Plus“ verpflichte hingegen zwar Otto selbst zu fortlaufenden Leistungen, der Kunde müsse aber nur einmalig zahlen und nicht etwa ein monatliches Entgelt entrichten. Für eine erweiterte Kündigungsmöglichkeit per Button sah das Gericht daher keine Notwendigkeit.

Kündigungsbutton nur bei „verbraucherseitigen“ Dauerschuldverhältnissen

Um dieses Ergebnis mit § 312k BGB zu begründen, musste das OLG weiter ausholen. § 312k regelt die Button-Pflicht nämlich ausdrücklich für Verträge, die „Dauerschuldverhältnisse“ begründen. Das OLG definierte Dauerschuldverhältnisse mit zwei anerkannten Merkmalen: Einer Laufzeit, in der sich die gegenseitigen Pflichten stetig anpassen können und dauerhaften, wiederkehrenden Pflichten, was gerade typisch bei Abo-Modellen ist.

Das OLG räumte ein, dass diese Merkmale der Sache nach auch auf das „UP Plus“-Programm zutreffen würden, denn aus Sicht der Otto GmbH & Co. KG seien für zwölf Monate wiederkehrende Leistungen zu erbringen (Pluspunkte gewähren, Versandkosten erlassen). Dem Wortlaut nach würde § 312k dann entsprechend Anwendung finden. Das OLG jedoch kam zu dem Schluss, dass die Button-Pflicht des § 312k BGB trotzdem nur auf Verträge Anwendung finden würde, die „gerade für den Verbraucher“ ein Dauerschuldverhältnis seien und monatlich wiederkehrende Zahlungen enthielten. Das ginge aus dem Sinn und Zweck und der besonderen Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers hervor, den eine unüberschaubare Leistungspflicht und eine „ständige Pflichtanspannung“ treffe. Bei einer Einmalzahlung sei das nicht gegeben, denn der Leistungsumfang stehe seinerseits von Anfang an fest und biete keine Unsicherheiten.

Das OLG „spaltete“ den Begriff des Dauerschuldverhältnisses damit also in „unternehmerseitige“ und „verbraucherseitige“ Dauerschuldverhältnisse auf und kam damit zu dem Ergebnis, dass bei rein „unternehmerseitigen“ Dauerschuldverhältnissen keine Button-Pflicht nach § 312k BGB bestehe. Das ist im Ergebnis eine sehr enge Auslegung des Begriffs des „Dauerschuldverhältnisses“.

Fazit

Dem Senat war ausdrücklich „bewusst, dass diese Frage streitig ist“. Entsprechend ist es gut möglich, dass andere erstinstanzliche Gerichte eine ähnliche Frage anders beantworten würden und einen Kündigungs-Button als erforderlich ansehen werden.

Zusammenfassend: Jedenfalls bei beidseitigen, wiederkehrenden Zahlungen wird ein Kündigungsbutton immer notwendig sein. Muss der Kunde hingegen nur einmal bezahlen, kann es rechtlich sein, dass die Pflicht nach § 312k BGB nicht greift. Das OLG Hamburg hat in dieser Sache die Revision zugelassen, da diese Frage höchstrichterlich noch unbeantwortet ist.