Auf den Online-Handel auf Plattformen wie Ebay, Amazon und Co kommen einige rechtliche Veränderungen zu. Am 12. 7. 2020 ist die neue P2B-Verordnung in Kraft getreten. Sie verpflichtet die Plattformen zu mehr Fairness und Transparenz im Umgang mit gewerblichen Nutzern. Was es genau mit der neuen Verordnung auf sich hat, erfahren Sie in diesem Artikel.
Die Vormachtstellung von Plattformen wie Ebay oder Amazon im Online-Handel ist nicht zu unterschätzen. Ohne eine ausreichende Regulierung haben sie die Möglichkeit, den Händlern, die die Plattformen nutzen, ihre Geschäftsbedingungen aufzudrücken. Händler können schnell in ein Abhängigkeitsverhältnis zur jeweiligen Plattform geraten. Die Plattform nimmt nämlich Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg der Online-Händler, indem sie sie unterschiedlich rankt, zahlende Händler bevorzugt oder deren Vertrieb im Einzelnen einschränkt. Am 12. Juli 2020 ist die Verordnung (EU) 2019/1150 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten (kurz „Platform to Business“ bzw „P2B“-Verordnung“) in Kraft getreten. Sie soll so genannte Online-Vermittlungsdienste zur Fairness und Transparenz im Umgang mit gewerblichen Nutzern, also zum Beispiel Online-Händlern, anhalten. Die Interessen von Online-Vermittlungsdiensten und Händlern sollen in einen fairen Ausgleich gebracht werden.
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Anpassungsbedarf bei Amazon, Ebay und Co
Online-Vermittlungsdienste sind Online-Plattformen, die aufgrund eines Vertrags mit einem gewerblichen Nutzer, dem Online-Händler, die Anbahnung direkter Transaktionen zwischen diesem und Verbrauchern vermitteln. Dazu zählen Online-Marktplätze wie Amazon und Ebay, Hotelbuchungsportale, App-Stores, Preisvergleichsportale aber auch soziale Netzwerke wie Facebook. Vereinzelt enthält die P2B-Verordnung auch Regelungen, die sich an Online-Suchmaschinen wie Google richten. Nicht betroffen von den neuen Vorschriften sind dagegen reine Zahlungsdienste wie Paypal, Online-Werbebörsen oder Vermittlungsdienste, die ausschließlich für eine Vertragsanbahnung zwischen gewerblichen Nutzern (Business to Business, B2B) oder nicht-gewerblichen Nutzern (Peer to Peer, P2P) sorgen. Ein Online-Vermittlungsdienst muss sich an die P2B-Verordnung halten, wenn die Online-Händler ihre Niederlassung oder ihren Wohnsitz in der Europäischen Union (EU) haben und dort ihre Waren oder Dienstleistungen anbieten. Unerheblich für die Anwendbarkeit der P2B-Verordnung ist, wo der Vermittlungsdienst seinen Sitz hat. Amazon, Ebay und Co können dem Regelungsbereich der Verordnung also nicht entgehen und müssen nun ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gewissenhaft anpassen.
Mehr Transparenz in AGB der Online-Plattformen
Die AGB müssen laut P2B-Verordnung klar und verständlich formuliert sein. Zudem müssen sie leicht verfügbar sein.
Des weiteren werden einige inhaltliche Anforderungen an die AGB gestellt. Künftig müssen die Online-Vermittlungsdienste darin deutlich machen, inwiefern entgeltliche Angebote oder eigene Dienste von ihnen bevorzugt behandelt werden. Fakt ist nämlich, dass Angebote von Online-Händern, die an Portale wie Amazon oder Ebay zahlen, sowie deren eigene Dienste bevorzugt angezeigt werden.
In Zukunft müssen die Plattformen in ihren AGB auch begründen, wenn für bestimmte Online-Händler Einschränkungen im Vertrieb gelten. Diese Begründungspflicht ist zum Beispiel auf Bestpreisklauseln bezogen. Darin verpflichtet der Plattformbetreiber den Online-Händler, seine Ware oder Dienstleistung auf eigenen Angebotsseiten nicht günstiger als auf der Plattform anzubieten.
Der wirtschaftliche Erfolg der Händler hängt entscheidend davon ab, wie sie von den Plattformen „gerankt“ werden. Stehen die Händler im Ranking weit oben, werden potenzielle Käufer eher auf ihre Produkte aufmerksam. Allerdings gibt es rechtliche Hindernisse, um die Plattformen bei diesem Ranking zu mehr Transparenz zu verpflichten. Die angewandten Algorithmen unterliegen nämlich in der Regel dem Geschäftsgeheimnis der Plattformen. Die P2B-Verordnung wartet daher mit einer Kompromisslösung auf: Sowohl Online-Plattformen als auch Suchmaschinen müssen ihre wichtigsten Ranking-Kriterien nebst Gewichtung in den AGB angeben. Davon nimmt die Verordnung jedoch ausdrücklich die genauen Algorithmen als Geschäftsgeheimnisse aus.
Optimierung der Rechtsschutzmöglichkeiten der Online-Händler
Auch die Rechtsschutzmöglichkeiten von Online-Händlern sollen verbessert werden, wenn Online-Plattformen ihre marktbeherrschende Position ihnen gegenüber ausnutzen. Die AGB der Plattformen müssen zum Beispiel die Gründe vorsehen, welche zu einem teilweisen oder dauerhaften Ausschluss der Online-Händler führen können. Schließen Plattformbetreiber einen Händler tatsächlich von ihrer Plattform aus, müssen sie den Ausschluss außerdem unmittelbar begründen. Für den Online-Händler ist es leichter, sich gegen den Ausschluss zu wehren, wenn ihm die konkrete Begründung dafür vorliegt. Die Plattformbetreiber müssen auch ein internes Beschwerdemanagementsystem einrichten. Dadurch muss gewährleistet sein, dass auf jede eingehende Beschwerde zügig, individuell und sorgfältig reagiert wird. Daneben sind die Plattformen zur Kooperation mit Mediatoren verpflichtet. Die P2B-Verordnung schafft sogar ein Verbandsklagerecht für Organisationen und Verbände, die mit berechtigtem Interesse Online-Händler vertreten, sowie für in den Mitgliedstaaten eingerichtete zuständige öffentliche Stellen.
Alles in allem stärkt die P2B-Verordnung die Rechte von Händlern auf Online-Plattformen und schafft im Verhältnis zu letzteren einen möglichst gerechten Interessensausgleich.
mle