Auf Online-Marktplätzen wie Amazon-Marketplace bieten Händler häufig Waren an, die nicht von ihnen selbst hergestellt werden. Für seine Produkte kann ein Hersteller unabhängig vom Händler, der das Produkt an den Verbraucher verkauft, eine Garantie gewähren. Ob und inwieweit der Händler in seinem Angebot über eine solche Herstellergarantie informieren muss, hat der EuGH entschieden.
Müssen Händler auf Online-Marktplätzen wie Amazon Verbraucher über Herstellergarantien informieren? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Bundesgerichtshof (BGH) im Streit zwischen dem Online-Händler „absoluts -bikes and more- GmbH & Co. KG“ und einem Konkurrenzunternehmen. Der auf Amazon-Marketplace tätige Versandhändler bot dort Taschenmesser des Schweizer Herstellers „Victorinox“ an. In seinem Online-Angebot machte dieser jedoch keine Angaben zu einer etwaigen Garantie, die der Produzent für seine Produkte gewährt. Über einen Link konnten Kaufinteressenten lediglich ein Informationsblatt des Herstellers zu dem Taschenmesser abrufen. Der Mitbewerber klagte daraufhin gegen den Händler auf Unterlassen solcher Angebote. Begründet wurde die Klage damit, dass auf der Angebotsseite keine ausreichenden Angaben zu der vom Hersteller angebotenen Garantie gemacht wurden.
Der BGH hatte Zweifel bei der Auslegung der zugrunde liegenden Verbraucherrechterichtlinie und wandte sich an den Europäischen Gerichtshof (EuGH).
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Informationspflicht gilt nicht uneingeschränkt
Dieser entschied nun, dass ein Unternehmer dem Verbraucher Informationen zu einer Herstellergarantie zur Verfügung stellen muss. Voraussetzung sei aber, dass die Information für die Kaufentscheidung relevant sei. Eine generelle Pflicht des Händlers sei hingegen unverhältnismäßig (Urt. v. 05.05.2022, Rs. C-179/21). Hintergrund sei, dass der Verbraucher dazu in der Lage sein müsse, zu entscheiden, ob er einen Vertrag mit dem Händler eingehen wolle oder eben nicht. Eine solche Informationspflicht müsse daher alle wesentlichen Eigenschaften der Ware, sowie grundsätzlich alle mit der Ware verbundenen Garantien umfassen. Hierzu zähle auch eine Herstellergarantie.
Der EuGH stellte jedoch klar, dass eine solche Informationspflicht nicht uneingeschränkt anzunehmen sei. Zwar läge in der Bereitstellung solcher Informationen ein hohes Schutzniveau für den Verbraucher. Durch eine unbedingte Verpflichtung, werde der Unternehmer jedoch dazu gezwungen, mit erheblichem Aufwand die Informationen zur Herstellergarantie zu sammeln und zu aktualisieren. Die Abwägung zwischen dem Schutzniveau für den Verbraucher und der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmers ergebe, dass der Unternehmer nur dann verpflichtet sei, über eine Herstellergarantie zu informieren, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse an der Information habe, um seine Kaufentscheidung treffen zu können.
Informationsbedürfnis des Verbrauchers ist maßgebliches Kriterium
Ein Interesse des Verbrauchers an der Information sah der EuGH dann als gegeben, wenn die Garantie des Herstellers ein zentrales oder entscheidendes Merkmal des Verkaufsangebots darstelle. Dies sei insbesondere anzunehmen, wenn der Händler die Garantie als Verkaufs- oder Werbeargument nutze, um sein Angebot im Vergleich zu denen der Mitbewerber als besonders attraktiv darzustellen. Weitere Kriterien für die Beurteilung seien der Inhalt und die allgemeine Gestaltung des Warenangebots. Auch inwiefern die Erwähnung der Garantie als Verkaufs- oder Werbeargument von Bedeutung sei oder andere, mit der Ware verbundenen Garantien im Angebot erwähnt würden, müsse beachtet werden. Teil der Informationen könnten neben der Garantiedauer und dem Geltungsbereich auch der Reparaturort, mögliche Beschränkungen der Garantie sowie Name und Anschrift des Garantiegebers sein.
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