Ein Desinfektionsmittel versprühen und damit 99,9 % aller schädlichen Viren und Bakterien aus der Raumluft entfernen, klingt besonders in Zeiten der Corona-Pandemie zu schön um wahr zu sein. Das sah auch das LG München I so und untersagte die Werbung der Herstellerin.

Das Landgericht (LG) München I wertete die entsprechende Werbung als irreführend und gab der einstweiligen Verfügung eines Mitbewerbers gegen die Herstellerin von Desinfektionsmitteln (BEDO Production & Services UG) und deren Geschäftsführer vollumfänglich statt. Bei gesundheitsbezogenen Aussagen gebe es besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, die Eindeutigkeit und die Klarheit, so die Richter (LG München, Az. 4 HK O 9484/20).

Mit der Einstweiligen Verfügung hatte sich der Mitbewerber gegen bestimmte werbliche Aussagen BEDOs gewendet. Kern der Auseinandersetzung war die Bewerbung des von BEDO hergestellten und vertriebenen, über die Luft ausgebrachten Desinfektionsmittels AMOAIR mit der Behauptung, dieses entferne 99,99% der schädlichen Bakterien und Viren aus der gesamten Raumluft und von sämtlichen Oberflächen.

Werbeaussage für Desinfektionsmittel irreführend

Die im Wesentlichen beanstandete Werbeaussage auf der Website BEDOs im Zusammenhang mit den unter der Bezeichnung „AMOAIR“ angeboten Desinfektionsmitteln lautete:

„Damit sind 99,99% der schädlichen Bakterien & Viren aus der gesamten Raumluft und von sämtlichen Oberflächen entfernt.“

Mit ähnlichen Werbeaussagen werben derzeit noch zahlreiche andere Hersteller. Hier ist dringend anzuraten, die Werbeaussage entsprechend anzupassen. Unsere Rechtsexperten stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Seite.

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Herstellerin konnte Wirkung nicht glaubhaft machen

Nach Auffassung des LG München I stelle sich die Werbeaussage als unzulässige irreführende geschäftliche Handlungen gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dar. Denn durch die beanstandete Werbeaussage erwecke die Herstellerin BEDO beim Verbraucher den Eindruck, es sei wissenschaftlich abgesichert, dass das von ihr beworbene Produkt die Wirkung habe, es entferne 99,99% der schädlichen Bakterien und Viren aus der gesamten Raumluft und von sämtlichen Oberflächen.

Nach Ansicht des Gerichts handele es sich bei dieser Werbeaussage um eine gesundheitsbezogene Wirkungsaussage, denn in Zeiten der Corona-Pandemie sei die Frage, ob und wie Corona-Viren aus der Raumluft und von Oberflächen entfernt werden können, eine der brennendsten und für die ganze Welt wichtigsten gesundheitlichen Fragen überhaupt. Bei gesundheitsbezogenen Wirkungsaussagen, wie der Werbeaussage der BEDO UG aus Oberding bei München, seien besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen zu stellen. Daher obliege BEDO die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Werbeaussage ihr Produkt „AMOAIR“ entferne 99,99 % der schädlichen Bakterien und Viren aus der gesamten Raumluft und von sämtlichen Oberflächen, wissenschaftlich abgesichert sei.

Dieser Darlegungs- und Beweislast seien BEDO jedoch im Verfahren nicht nachgekommen. Durch die vorgelegten Unterlagen sei nicht glaubhaft gemacht, dass nach der Verwendung ihres Desinfektionsmittels auch tatsächlich 99,99% der Viren aus der Raumluft oder den Oberflächen entfernt worden seien.

Das LG München I hat daher BEDO unter anderem untersagt das Produkt AMOAIR mit der beanstandeten Aussage zu bewerben.

Inzwischen wurde die Werbeaussage abgeändert. Nun werden laut BEDO nicht mehr 99,9%, sondern „nur“ noch „die allermeisten der schädlichen Mikroorganismen aus dem Raum und den Oberflächen“ entfernt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

tsp