In einem Online-Shop war die teurere Option „Expressversand“ schon voreingestellt. Ist das nebensächlich, weil Kunden den Expressversand wegklicken können oder wurde hier gegen das Verbraucherrecht verstoßen? Dieser Frage musste nun das LG Freiburg nachgehen, nachdem der vzbv gegen den Online-Shop „Pearl“ geklagt hatte.
Wenn Kunden den Expressversand aktiv wegklicken müssen, weil dieser schon voreingestellt ist, verstößt das gegen Wettbewerbs- und Verbraucherschutzrecht. Das urteilte nun das Landgericht (LG) Freiburg gegen den Online-Versandhändler Pearl, nachdem der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbz) geklagt hat (Urt. v. 16.06.2023, Az. 12 O 57/22).
Voreinstellung mit Preisaufschlag verbunden
Im Online-Shop bot Pearl für ein ausgewähltes Sortiment an Produkten neben dem Standardversand auch den Expressversand an – mit einem Zuschlag von einem Euro. Grundsätzlich nicht unüblich, schließlich bieten heutzutage eine Vielzahl von Online-Shops ihren Kunden an, gegen einen Aufpreis einen schnelleren Versand zu wählen. Insbesondere in Zeiten von Amazon-Prime ist es für Unternehmen wichtig, einen schnellstmöglichen Versand anbieten zu können, sodass Kunden nicht auf Konkurrenzunternehmen ausweichen, die eine Zustellung schon einen Tag nach der Online-Bestellung gewährleisten können.
Bei Pearl war die Expressversand-Option aber durch ein Kreuz im entsprechenden Kästchen bereits voreingestellt. Wer keinen Expressversand wollte, musste die Voreinstellung aktiv wegklicken (opt-out). Das war dem vzbv jedoch ein Dorn im Auge. Daher klagte der Verband vor dem LG Freiburg.
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Mit Erfolg, das Freiburger Gericht stellte sich nämlich auf die Seite des klagenden Verbands und verurteilte Peals zur Unterlassung dieser Gestaltungsform. Pearl habe gegen §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 1, 3a Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) i.V.m. § 312a Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verstoßen. Nach dessen S. 2 darf ein Unternehmer im elektronischen Geschäftsverkehr eine Zahlungsvereinbarung über eine Zusatzleistung nicht durch eine Voreinstellung herbeiführen.
Der Online-Händler hatte damit argumentiert, es handele sich nicht um eine Zusatzleistung, sondern um einen Teil der Hauptleistung. Er versende bestimmte Artikel grundsätzlich per Express. Außerdem finde § 312a BGB keine Anwendung, da das Vorgehen transparent sei und dem Verbraucher nicht unbemerkt ein Zusatzentgelt untergeschoben werde.
Expressversand stellt keine Hauptleistung dar
Das sah das LG Freiburg aber anders. Der von Pearl angebotene Expressversand sei eine solche Zusatzleistung. Zur Hauptleistung gehöre lediglich die Lieferung im Standardversand. Denn nur im Standardversand hätten die Verbraucherinnen und Verbraucher den beworbenen Warenpreis (Kaufpreis inkl. Standardversand) zu bezahlen. Bei einem Expressversand würde es entsprechend mehr kosten als beworben.
Dass die Expresszustellung nicht Teil der Hauptleistung sei, ergebe sich auch aus der Wortwahl im Angebot auf der Online-Seite. Pearl bezeichnete die entsprechenden Produkte nämlich als „expressfähig“ und bot den Expressversand gegen einen „Expresszuschlag“ an.
Auch sei auch unerheblich, ob die Angebotsgestaltung im Übrigen transparent gewesen sei – schließlich sei der Wortlaut von § 312a BGB eindeutig. Dies sei hier aber sowieso nicht der Fall gewesen, wie die Freiburger Richter später noch feststellten. Denn der Produktpreis wurde als Warenpreis inkl. Standardversand angegeben, was sofort ins Auge springe. Der Expresszuschlag, der angeblich Teil der Hauptleistung sein solle, werde hier aber nicht erwähnt, sondern komme am Ende hinzu. Das könnten Verbraucher aufgrund der Aufmachung durchaus überlesen.
Berufung vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe
Das Urteil des Landgerichts Freiburg erging bereits am 16. Juni 2023 und wurde durch eine Mitteilung des vzbv öffentlich. Noch ist das letzte Wort in der Sache aber noch nicht gesprochen, denn Pearl wollte sich mit dem Urteil nicht zufriedengeben. Der Online-Versandhändler legte Berufung beim Oberlandesgericht Karlsruhe ein (Az. 14 U 134/23). Es bleibt also abzuwarten, wie Pearl in Zukunft die Bestelloption mit dem Expressversand zu handhaben wird.
agr/ahe