Wann und wie müssen Influencer ihre Postings als Werbung kennzeichnen? Hierüber herrschte lange Unklarheit. Erst fällte der BGH drei wegweisende Urteile, am 28. Mai 2022 trat ein neues Influencer-Gesetz in Kraft. Nun ist doch alles klar – oder etwa nicht?

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Nach dem Erlass der drei wegweisenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 09.09.2021 folgte nun die gesetzgeberische Antwort auf Unklarheiten im Bereich des Influencer-Marketings: Am 28.05.2022 trat das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht (GSVWG) in Kraft. Ausgerufenes Ziel des Gesetzes war es, klarzustellen, in welchen Fällen Postings als kommerzielle Kommunikation gelten und somit als Werbung gekennzeichnet werden müssen. Die durch dieses Gesetz vorgenommenen Änderungen betreffen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Umgangssprachlich werden diese Änderungen auch als das „Influencer-Gesetz“ bezeichnet.

Von absoluter Rechtssicherheit kann im Bereich des Influencer-Marketings aber trotz der Bemühungen des Gesetzgebers weiterhin nicht ausgegangen werden. Dennoch lässt sich langsam eine einheitliche Linie erkennen, die sich in Zukunft durch weitere Urteile konkretisieren muss.

Grund der Gesetzesänderung

Das GSVWG beinhaltet Änderungen, mit denen der Gesetzgeber auf die bestehenden Rechtsunsicherheiten und die bundesuneinheitliche Rechtsprechung zum Influencer-Marketing reagiert. Dabei sind die Regelungen zwar abstrakt-generell formuliert, zielen aber ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs auf das Influencer-Marketing ab.

Mit den Änderungen werden zwei Zielsetzungen verfolgt:

  • Klarheit für Influencer dahingehend, wann ein Beitrag als werblich zu kennzeichnen ist
  • Transparenz für den Verbraucher schaffen, um werbliche Beiträge von nicht werblichen Beiträgen zu unterscheiden

In den vergangenen Jahren hat die uneinheitliche Rechtslage vermehrt zu einer grundsätzlich angewandten Werbekennzeichnung von Beiträgen geführt. Ob es sich bei den Beiträgen tatsächlich um Werbung handelte, rückte vermehrt in den Hintergrund. Dadurch ließen sich die tatsächlichen werblichen Beiträge für den Verbraucher noch schlechter von den nicht werblichen Beiträgen unterscheiden. Dieser Kennzeichnungsflut sollten die Gesetzesänderungen Einhalt gebieten.

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Was sind die neuen gesetzlichen Vorgaben?

Durch die Gesetzesänderung ergeben sich drei wesentliche Neuerungen:

1. Die Definition der sog. „geschäftlichen Handlung“ in § 2 Abs.1 Nr. 2 UWG neuer Fassung (nF) ist ergänzt worden. Für die Annahme einer geschäftlichen Handlung muss künftig nicht nur ein objektiver, sondern auch ein unmittelbarer Zusammenhang zu einer Absatzförderung bestehen.

2. Hinzu kommt eine Ergänzung in § 5 a Abs. 4  UWG nF: Sofern eine geschäftliche Handlung vorliegt, so muss mit dieser auch ein kommerzieller Zweck verfolgt werden, der die Kennzeichnung als Werbung erforderlich macht. Die neue Fassung stellt klar, dass jedenfalls kein kommerzieller Zweck vorliegt, wenn der Handelnde kein Entgelt und keine ähnliche Gegenleistung erhält:

„Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt.“

§ 5 a UWG nF

3. Neu ist ebenfalls die gesetzliche Beweislastregel, die besagt, dass davon auszugehen ist, der Influencer habe eine Gegenleistung erhalten. Folglich wird das Vorliegen eines kommerziellen Zweckes zunächst angenommen. Das Gesetz räumt aber die Möglichkeit ein, den Gegenbeweis zu führen:

„Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.“

§ 5 a UWG nF

Umsetzung der Regelungen in die Praxis

Ob diese Gesetzesänderungen in der Praxis nun wirklich zu einer Rechtssicherheit führen, wird noch kontrovers diskutiert. Teilweise werden die Gesetzesänderungen, gerade in Bezug auf das Influencer-Marketing, als reiner Etikettenschwindel abgetan.

Obwohl die vorgebrachten Kritikpunkte nicht ganz von der Hand zu weisen sind, ergeben die Rechtsänderungen in Kombination mit den aktuellen Entwicklungen der Rechtsprechung jedenfalls Rechtssicherheit in Teilbereichen.

Danach steht fest, dass es sich bei Influencer-Beiträgen um eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 UWG handelt, wenn der Influencer unmittelbar absatzfördernde Handlungen vornimmt. Damit ist der Anwendungsbereich des UWG für Influencer-Marketing in weiten Teilen eröffnet.

Postings, die eine geschäftliche Handlung darstellen, müssen sich sodann an den Vorgaben des UWG messen lassen. Die neue Fassung des § 5a UWG erfordert das Bestehen eines kommerziellen Zwecks der vorgenommenen geschäftlichen Handlung. Dieser liegt nach der Gesetzesänderung vor, wenn der Influencer eine Gegenleistung für das Posting erhält.

Eine genaue Definition der erforderlichen Gegenleistung ließ der BGH bislang offen. Er entschied allerdings im Januar 2022, dass bereits ein geschenktes Produkt als Gegenleistung einzuordnen ist (Urt. v. 13.01.2022, Az. I ZR 35/21, I ZR 9/21). Auch der Gesetzeswortlaut schafft an dieser Stelle noch keine absolute Klarheit.  

Unklar ist auch weiterhin, wer überhaupt unter die Kategorie der Influencer fällt.  

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Wann ist die Kennzeichnung erforderlich?

Da Fehler bei der Kennzeichnung von Beiträgen weiterhin Konsequenzen wie Abmahnungen nach sich ziehen können, sollte die Werbekennzeichnung eher einmal zu viel als einmal zu wenig genutzt werden. Vorsorge ist an dieser Stelle besser als Nachsorge. Bei der Beurteilung, ob eine Kennzeichnungspflicht besteht, sind sowohl die Gesetzesänderungen als auch die derzeit geltende Rechtsprechung zu beachten.

Zusammenfassend lässt sich festhalten:

  • Ein Posting ist immer als Werbung zu kennzeichnen, wenn der Influencer Geld oder eine geldwerte Gegenleistung für die Erwähnung von Produkten fremder Unternehmen erhält. Derzeit als Gegenleistung anzusehen sind auch erhaltene Provisionen und Rabatte, Einladungen zu Events, Sponsoring-Leistungen, Kostenübernahmen oder die Zurverfügungstellung der Produkte oder weiteren Equipments.
  • Wenn der Influencer das Produkt selbst erworben hat und keine Gegenleistung eines fremden Unternehmens erhält, so muss keine Werbekennzeichnung erfolgen.
  • Ein besonderes Augenmerk sollten Influencer auf die Beweisbarkeit der zugrunde liegenden Tatsachen legen. Da ab sofort die gesetzliche Vermutung besteht, dass eine solche Gegenleistung erfolgt ist, wird der kommerzielle Zweck des Beitrags immer angenommen. Diese Fiktion muss von dem Influencer widerlegt werden können, sofern er keine Kennzeichnung vornimmt. Er muss demnach nachweisen und belegen können, dass er die Produkte selbst erworben und auch keine andere Gegenleistung erhalten hat. Ein solcher Beweis kann schon deswegen schwer zu führen sein, da die Gegenleistung nicht unbedingt im zeitlichen Zusammenhang mit dem Beitrag stehen muss.
  • Wirbt ein Influencer für sich selbst – hierzu reicht es bereits, wenn er überhaupt Produkte anbiete oder sein eigenes Image vermarktet – dann handelt er jedenfalls geschäftlich im Sinne des UWG. Es ist dann zu prüfen, ob er dabei auch kommerzielle Zwecke verfolgt – im Zweifel ja. In diesem Fall besteht eine Kennzeichnungspflicht allein wegen der Eigenwerbung, sofern die werbliche Absicht nicht für jeden Nutzer ohnehin erkennbar ist. Nur bei Kanälen besonders bekannter Influencer, die mit blauem Haken verifiziert sind, ist sich laut BGH jeder bewusst, dass es sich um einen kommerziellen Kanal handelt. Für kleinere Influencer herrscht hier an dieser Stelle also Rechtsunsicherheit.

Allein aus dieser Zusammenfassung wird deutlich, dass die gewünschte Klarheit im Bereich des Influencer-Marketings nicht besteht, da weiterhin eine Einzelfall-Beurteilung notwendig ist. Die angekündigte eindeutige Regelung bieten die Gesetzesänderungen nicht.

Kennzeichnung – so geht’s richtig

Für die Durchführung der Kennzeichnung werblicher Beiträge gelten die bestehenden Vorgaben weiter.

Kennzeichnungspflichtige Beiträge sind jeweils einzeln durch den Hinweis „Werbung“ oder „Anzeige“ zu kennzeichnen. Eher unklare Begrifflichkeiten wie „Sponsored“ oder „Kooperation“ sind nicht zulässig.

Die Kennzeichnung ist am Anfang des Posts unterzubringen. Ein Hashtag, wie „#werbung“, unter dem Posting reicht nicht aus.  

iru