Kann ein Ordnungsgeld angeordnet werden, wenn ein technisch nicht versierter Schuldner untersagte Werbung im Website Cache belässt? Diese Frage hat nun das OLG München beantwortet. Dabei musste das Gericht beurteilen, ob technische Unkenntnis zu berücksichtigen ist, wenn es um die Pflichten aus einem Unterlassungstitel geht.

Unkenntnis schützt nicht: Der Schuldner eines Unterlassungstitels hat alles zu versuchen, um die in diesem Fall verbotene Werbung zu beseitigen. Das urteilte nun das OLG München, nachdem die Schuldnerin eines Unterlassungstitels einem Verbot nicht nachkam und sich dabei auf ihre technische Unkenntnis berief (Beschl. v. 26.04.2023, Az. 29 W 1697/21).

Das Landgericht München untersagte einem Biozidhersteller im September 2020 aus wettbewerbsrechtlichen Gründen bestimmte Aussagen zur Bewerbung eines Desinfektionsmittels. Verboten wurde etwa die Behauptung, das Mittel würde „99,99 % der Viren und Bakterien in der Luft beseitigen“ und sei zudem „unschädlich“. (LG München I, Urteil v. 07.09.2020, Az. 4 HK O 9484/20) Diesem Urteil kam der Hersteller nach, indem er den untersagten Inhalt manuell von der Website löschte. Allerdings war die Werbung im Anschluss dennoch im temporären Speicher der Website zu finden – dem sogenannten Cache. Der Konkurrent und Antragsteller beantragte daraufhin die Verhängung eines Ordnungsmittels.

Das stieß bei der Schuldnerin jedoch auf Unverständnis. Sie legte Beschwerde beim OLG ein und verteidigte sich damit, dass sie sich mit den technischen Umständen nicht näher ausgekannt habe und daher die Werbung nicht entfernen hätte können. Letztlich musste das OLG München entscheiden, ob diese Begründung haltbar ist.

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Schuldnerin will alles ihr Mögliche unternommen haben

Die Schuldnerin führte aus, dass das angesetzte Ordnungsgeld zu hoch und ihre Verantwortung aufgrund der fehlenden technischen Kenntnisse gering sei. Außerdem erklärte die Schuldnerin, dass sie sich sofort darum bemühte, die Entfernung der strittigen Presseveröffentlichungen sicherzustellen. Sie sei der Forderung innerhalb von 14 Tagen nachgekommen – das „Caching“ sei dabei serverseitig gewesen. Da die Inhalte des Caches den üblichen Besucher einer Website nicht beträfe, hätte ihr Vorgehen keine Auswirkungen auf den betroffenen und geschützten Marktteilnehmerkreis gehabt, so ihre Annahme.

Weiterhin betonte die Schuldnerin, den Cache nicht absichtlich erstellt zu haben – dieser sei viel mehr Sache des Serverbetreibers. Die Zustimmung zur Löschung des „Caching-Inhalts“ habe in dessen Verantwortung gelegen, sodass hier eine Zustimmung seinerseits ausgestanden habe. Sie habe sogar trotzdem veranlasst, den „Zugang zum Pufferspeicher“ zu löschen, nachdem dieser erstmals entdeckt wurde. Angesichts dieser Umstände hielt die Schuldnerin drastische Ordnungsmittel für nicht erforderlich. Von Anfang an sei sie bereit und gewillt gewesen, den Anforderungen des Gerichts nachzukommen.

OLG München von Begründung der Schuldnerin nicht überzeugt

Das Münchner Gericht empfand die Begründung der Schuldnerin als nicht überzeugend und stellte sich auf die Seite des Gläubigers. Das OLG verwies auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 12.07.2018, Az. I ZB 86/17) in dem dieser urteilte, dass ein Schuldner, der zur Unterlassung bestimmter Aussagen verpflichtet ist, auch dazu verpflichtet sei, jegliche Cache-Inhalte zu überprüfen und gegebenenfalls zu löschen oder dies entsprechend bei Dritten (in diesem Falle der Serverbetreiber) veranlassen soll. So soll gewährleistet werden, dass die zu unterlassenden Aussagen nicht mehr über gängige Internetsuchmaschinen, auch nicht durch Cache-Speicherung, zugänglich oder abrufbar sein können.

Die Pflicht, Cache-Inhalte im Zusammenhang mit Unterlassungstiteln zu überwachen und gegebenenfalls zu entfernen, entspreche der ständigen Rechtsprechung, wie das OLG ausführt.
Ein Schuldner, der durch einen solchen Titel gebunden ist, stehe in der Verantwortung, sich darüber zu informieren, wie er seinen Verpflichtungen aus dem Titel vollständig nachkommen könne. Er hafte sowohl für Vorsatz als auch für Fahrlässigkeit und kann sich nicht auf einen vermeidbaren Verbotsirrtum berufen, so das OLG.

Die Schuldnerin musste das Ordnungsgeld also hinnehmen.

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