Nicht nur der Fischstäbchen-Hersteller Iglo darf die bekannte Werbefigur des alten bärtigen Seemanns „Käpt’n Iglo“ für die Bewerbung seiner Produkte nutzen. Auch sein Konkurrent, der Feinkost-Hersteller Appel Feinkost darf mit einer ähnlichen Figur werben. So entschied das OLG München jüngst. Genauso wie schon das LG München in erster Instanz, sah auch das OLG keine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Seemännern und verneinte einen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht.
Die Streitigkeit landete erstmals 2018 vor Gericht. Der Fischstäbchen-Hersteller Iglo klagte gegen den Fischkonserven-Produzenten Appel Feinkost aus Cuxhaven. Der Grund: Appel Feinkost habe Iglo seine Werbeikone, den bärtigen alten Seemann mit Mütze gestohlen. Tatsächlich lächelt einem auch von den Verpackungen der Appel Feinkost-Waren ein freundlicher älterer Herr mit Bart und Mütze entgegen. Jedoch war das erstinstanzliche Gericht, das Landgericht (LG) München der Meinung, es bestünde keine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Seeleuten. Den von Iglo geltend gemachten Verstoß gegen Wettbewerbsrecht sah das Gericht daher als nicht gegeben und lehnte die Klage auf Unterlassung ab (Urt. v. 03. 12. 2020, Az. 17 HK O 5744/20).
Damit gab sich der Fischstäbchen-Hersteller allerdings noch nicht geschlagen und legte gegen die Entscheidung des LG München Berufung ein. So landete die Sache vor dem Oberlandesgericht (OLG) München, welches sich daher ebenfalls mit den beiden Seemännern zu befassen hatte. Das Ergebnis dürfte Iglo nicht gefallen: auch das OLG ist der Meinung, dass die beiden Werbefiguren nicht genügend Ähnlichkeit aufweisen, um einen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht zu rechtfertigen.
Nicht genügend Ähnlichkeit für Wettbewerbsrechtverstoß
Maßgeblich für die Frage, ob Iglo von Appel Feinkost verlangen kann, die Werbefigur nicht mehr zu nutzen, war die Ähnlichkeit und Verwechslungsgefahr der beiden Seemänner. Iglo hatte seinen Unterlassungsanspruch nämlich auf einen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht wegen irreführender Werbung gestützt. Dadurch dass Appel Feinkost ebenfalls einen alten bärtigen Mann zur Bewerbung seiner Produkte nutze, könnten Verbraucher sie mit den Produkten von Iglo verwechseln. Schließlich seien die Protagonisten – beide Typus Best Ager im maritimen Look – kaum voneinander zu unterscheiden.
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Dies sah das OLG München anders. Zunächst einmal stellte es klar, dass die Figur des bärtigen Seemanns nur wenige Eigenheiten aufweise, die wettbewerbsrechtliche Eigenarten begründetet. So seien die „Kernmerkmale“, die Iglo für seinen Käpt’n aufführte – ein Seemann mit europäischem Aussehen und einem weiß-grauen Bart – nicht ausreichend, um ihm wettbewerbsrechtlichen Schutz zu verleihen. Außerdem seien nicht genügend Parallelen zu der Werbefigur von Appel Feinkost zu finden. Zwar posiere auch hier ein älterer bärtiger Mann am Strand, dieser trage aber keine Seemannskleidung, sondern einen eleganten Dreiteiler. Anders als bei Iglo sehe es daher nicht nach einem Seemann auf hoher See aus, sondern nach einer Person, die sich während ihrer Freizeit am Strand aufhalte.
Zu viele verschiedene Käpt’n Iglos
Ein weiteres Problem sah das OLG München darin, dass der Käpt’n von Iglo in den letzten Jahrzehnten häufig das Gesicht gewechselt hat. Seit 1966 haben nämlich verschiedene Schauspieler den Seemann verkörpert. Derzeit ist das der italienische Schauspieler Riccardo Acerbi – der nun der Achte in der Ahnengalerie der Käpt’n Iglos ist. Das Gericht monierte, dass höchstens eine konkrete Figur vom Wettbewerbsrecht geschützt sein könne, nicht aber die allgemeine Vorstellung von ihr. Welches „Original“ nun von Appel Feinkost kopiert worden sein soll, war dem Gericht nicht klar. Da die von Iglo beauftragte Kanzlei gar nicht festgelegt hatte, welcher konkrete Käpt’n Iglo hier verletzt sein sollte, forderte das Gericht sie auf, dies noch nachträglich zu tun. Aber auch der dann ausgewählte Käpt’n, verkörpert von Mark Fletcher, weist nach Ansicht des Gerichts nicht genügend Eigenheiten auf, um dem Schutz des Wettbewerbsrechts zu unterliegen.
Somit wird sich Iglo wohl damit abfinden müssen, dass in der Werbewelt ein zweieiiger Zwilling ihres Käpt’ns herumläuft. Dass Verbraucher statt zum Fischstäbchen deswegen zu anderer Feinkostware greifen, dürfte trotzdem weniger zu befürchten sein.
lpo