Trotz fristgerechtem Widerruf können Parship-Nutzern hohe Kosten entstehen. Dagegen ging die Verbraucherzentrale vor und unterlag vor dem OLG Hamburg. Gegen das Urteil legte die Verbraucherzentrale Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH ein. Diese lehnte der BGH jedoch ab. Damit ist die Entscheidung des OLG Hamburg rechtskräftig.
Parship ist eine der größten deutschen Online-Partnervermittlungen mit Sitz in Hamburg. Besonders der Werbeslogan „Alle 11 Minuten verliebt sich ein Single über Parship“ dürfte vielen Deutschen geläufig sein. Dabei ist es wissenschaftlich höchst unwahrscheinlich, sich tatsächlich über die Partnerbörse zu verlieben. So hatte das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) dem Slogan in der Vergangenheit bereits den Titel „Unstatistik des Monats“ verliehen. Zumal sich Nutzer oftmals vielmehr, anstatt sich über tolle Kontakte zu freuen, über hohe Kosten ärgern müssen. Denn statt Herzklopfen und Dates bekommen zahlreiche Nutzer nur das Gefühl, abgezockt worden zu sein. Daher wird auch seit geraumer Zeit bereits vor der bekannten Partnervermittlung gewarnt. Nun beschäftigte der in zahlreichen Fällen anfallende Wertersatz bei Widerruf des Parship-Abos die Gerichte.
Worum ging es?
Da sich die Fälle ähneln nehmen wir einen exemplarischen Fall zur Veraunschaulichung:
Ein Parship-Nutzer hat nach 12 Tagen seine kostenpflichtige Mitgliedschaft bei der Partnerbörse widerrufen und damit innerhalb der vorgeschriebenen Widerrufsfrist von zwei Wochen gehandelt. Unmittelbar danach erhielt er jedoch überraschend die Mitteilung, dass er für zehn in der kurzen Zeit zustande gekommene Kontakte 306,99 Euro als sogenannten Wertersatz zahlen solle, was 75 Prozent des Preises seines ursprünglich abgeschlossenen Jahresabonnements von 409,32 Euro entsprach.
Parship-Nutzer erhalten nach Widerruf eine E-Mail, die ähnlich der Folgenden lautet:
Laut Parship könne die Höhe des zu leistenden Wertersatzes je nach Fall tatsächlich bis zu 75 Prozent des Produktpreises für den vom Kunden abgeschlossenen Vertrag betragen. Die Höhe des Wertersatzes berechne sich dabei nicht nach Zeit, sondern nach der Anzahl der bereits genutzten Kontakte im Verhältnis zur eingeräumten Kontaktgarantie.
Verbraucherzentrale – Parship verlangt überhöhten Wertersatz
Die Verbraucherzentrale Hamburg (vzhh) ging mit ihrer Klage gegen diese Praxis von Parship zunächst vor dem Landgericht (LG) Hamburg vor. Dabei ging es nicht um einen konkreten Einzelfall, sondern um eine Klage, mit der die Verbraucherzentrale Parship generell (!) verbieten wollte, den Wertersatz anders als nach Zeit zu berechnen. Ein strategischer Fehler, wie sich später heraustellen sollte. Die Verbraucherzentrale vertrat hierbei die Rechtsauffassung, Parship führe Verbraucher mit den geltend gemachten Wertersatzforderungen in die Irre und begehe insofern einen Wettbewerbsverstoß.
Entscheidung des LG Hamburg
Das Landgericht (LG) Hamburg hatte auch zunächst einen Unterlassungsanspruch gegen Parship bejaht (LG Hamburg, Urteil vom 22. Juli 2014, Az. 406 HKO 66/14). Parship habe mit seiner Wertersatzforderung gegen die fernabsatzrechtlichen Vorschriften über die Höhe des Wertersatzes bei Widerruf verstoßen. Daraus ergebe sich eine Irreführung des Verbrauchers über die ihm im Falle des Widerrufs zustehenden Rechte. So müsse sich der Verbraucher ohne überhöhten Wertersatz vom Vertrag lösen können.
Der vom Verbraucher im Falle des Widerrufs für bereits in Anspruch genommene Dienstleistungen zu zahlende Wertersatz berechne sich nach dem objektiven Wert derempfangenen Leistung, begrenzt durch das vertragliche Entgelt (§ 357 Abs. 8 S. 4 BGB). Der objektive Wert wiederum bemesse sich am Gegenstand der Dienstleistung. Für Premium-Nutzer bestehe dieser vorrangig in der Möglichkeit, anhand der von Parship unterbreiteten Partnervorschläge andere Parship-Nutzer zu kontaktieren. Die von Parship garantierte Mindestanzahl an Kontakten mache gerade nicht den Kern des versprochenen Leistungsprogramms aus. Daraus ergebe sich, dass der zu zahlende Wertersatz zeitbezogen zu berechnen sei. Bei einem solchen laufzeitabhängigen Mitgliedsbeitrag wären im genannten Fall 1,50 Euro pro Tag und damit am Ende der 14-Tägigen Widerruffrist höchstens 21 Euro angefallen. Die von der Beklagten gewählte Berechnungsart führe zu einer gesetzwidrigen Entwertung des Widerrufrechts, da selbst ein Verbraucher, der (bezogen auf die garantierten Kontakte) nur Absagen erhalte, 75% des vereinbarten Entgeltes zu zahlen habe. Parship ging daraufhin in die nächste Instanz und siegte.
Entscheidung des OLG Hamburg
Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) hob das Urteil des LG Hamburg auf und entschied zugunsten Parships (OLG Hamburg, Urteil vom 2. März 2017, Az. 3 U 122/14). Allerdings aus anderen Gründen, als vielfach in den Medien zu lesen war. Denn das OLG Hamburg hat sehr wohl die Berechnung des Wertersatzes nur nach Kontakten, so wie es Parship vornimmt, ebenfalls als falsch angesehen. So lautet es in den Urteilsgründen unter anderem:
Warum dennoch zugunsten Parships entschieden wurde, dürfte vor allem am konkreten Antrag der Verbraucherzentrale liegen. Denn die vzhh wollte Parship nicht nur verbieten lassen, den Wertersatz nach vermittelten Kontakten zu berechnen, sondern sie wollte Parship vielmehr generell dazu bringen, den Wertersatz nicht anders als nach anteiligem Zeitablauf zu berechnen. Durch die vzhh-Formulierung hätte das Gericht der Klage jedoch nur dann stattgeben dürfen, wenn die Richter keine andere Möglichkeit der Berechnung des Wertersatzes für möglich erachtet hätten. Doch die Richter sahen andere Möglichkeiten. Nur eben auch nicht, wie durch Parship praktiziert, ausschließlich nach vermittelten Kontakten.
Dies ergebe sich vor allem aus den Erwägungsgründen der Verbraucherrechte-Richtlinie. Hiernach müsse ein Verbraucher sein Widerrufrecht auch dann noch ausüben können, wenn auf seinen Wunsch hin bereits vor Ende der Widerrufsfrist Dienstleistungen erbracht wurden. Diese dem Verbraucher gewährte Möglichkeit werde jedoch auf der anderen Seite durch eine angemessene Bezahlung für die bereits erbrachten Leistungen kompensiert. Dem anteilig zu zahlenden Wertersatz könnten daher auch einmalige Leistungen zugrunde gelegt werden. Maßgeblich sei nur, dass diese einmaligen Leistungen werthaltige Leistungen darstellen. Nur in diesem Fall könne ein über den zeitanteiligen Wertersatz hinausgehender Betrag gerechtfertigt sein.
Eine wettbewerbsrechtliche Irreführung konnte das OLG Hamburg nicht feststellen.
Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Die Verbraucherzentrale hatte daher Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht, um doch noch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs herbeizuführen.
BGH lehnt Nichtzulassungsbeschwerde ab
Der BGH jedoch lehnte die Beschwerde der Verbraucherzentrale gegen die Nichtzulassung der Revision mit Beschluss vom 30.11.2017 ab (Az. I ZR/17). Der Beschluss wurde am 23.01.2018 veröffentlicht. Damit ist das Urteil des OLG Hamburg rechtskräftig. Die Begründung des BGH:
Fazit
In diesem Zusammenhang ist es nun wichtig festzuhalten, dass damit keinesfalls feststeht, dass die Berechnung des Wertersatzes nach Kontakten, so wie es Parship macht, rechtskonform ist. Denn dieses Modell wurde durch den Beschluss nicht vom BGH abgesegnet! In dem nun veröffentlichten Beschluss stellte der BGH letztlich lediglich fest, dass man Parship eine Berechnung „nur nach Zeit“ nicht vorschreiben kann, sondern Parship den Wertersatz theoretisch auch anders berechnen darf. Doch es heißt damit nicht, dass alles „außer nach Zeit“ damit per se legitim ist. Dennoch muss davon ausgegangen werden, dass nun mehr Betroffene davon Abstand nehmen werden, den Widerruf auch konsequent durchzuziehen. Dabei muss man deutlich sagen, dass das AG Hamburg zunächst zugunsten der Verbraucher entschieden hatte.
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Da die Frage, wie hoch der Wertersatz wirklich sein darf, auch nach dem Beschluss des BGH weiterhin unklar bleibt, haben Nutzer weiterhin die Möglichkeit, sich juristisch gegen die hohen Kosten zu wehren. Denn Betroffene sind nicht dazu verpflichtet, im Falle eines Widerrufs den Wertersatz ausschließlich anhand der vermittelten Kontakte zu bezahlen. Kunden haben vielmehr gute Chancen sich erfolgreich zu wehren.
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egü/tsp
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