Eine Werbekampagne des Unternehmens Pro Optik versprach Arzt- und Pflegepersonal, den „Corona Helden“ eine kostenlose neue Brille. Das OLG Stuttgart verbot diese Praxis nun jedoch.

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat dem Unternehmen Pro Optik, welches über 140 Augenoptikfachgeschäfte bundesweit betreibt, Werbung mit Brillengeschenken für sogenannte ,,Corona-Helden‘‘ untersagt. Pro Optik hatte im April mit einer Gratisbrille für „unsere Helden – exklusiv für Pflegerinnen, Pfleger, Ärztinnen und Ärzte“ geworben. Werbung in dieser Art sei jedoch eine unlautere geschäftliche Handlung. Damit habe die Kette gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG) verstoßen, hieß es zur Begründung. Es bestehe die Gefahr, dass ein Verbraucher sich für die beworbene Brille entscheide, ohne vorher zu prüfen, ob das Angebot eines anderen Anbieters mit seinen Erfordernissen besser übereinstimme (OLG Stuttgart, Urteil vom  06.08.2020, Az. 2 W 23/20).

Gegen die im April 2020 erschienene Werbeanzeige beschwerte sich ein Verband, welcher nach seiner Satzung die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder fördert. Dieser Verband wandte sich gegen die entsprechende Anzeige per Eilantrag an das Landgericht (LG) Stuttgart, welches den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung der entsprechenden Werbeanzeige zunächst zurückwies (LG Stuttgart, Beschluss vom 8.05.2020, Az. 36 O 30/20).

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Verstoß gegen Werbeverbot

In nächster Instanz entschied nun das OLG Stuttgart. Im Gegenteil zum LG, sahen die Richter am OLG die Voraussetzungen für den Erlass einer Untersagungsverfügung und damit eines Werbeverbots erfüllt. Diese folgt aus §§ 8 Abs. 3 Nr .2, 3, 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und § 7 Abs. 1 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Bei der Werbung handle es sich um eine unlautere geschäftliche Handlung, da die kostenlose Abgabe von Brillen gegen § 7 Abs. 1 HWG verstoße.

Nach diesen Normen ist es unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben, in Form von Waren oder Leistungen, für Medizinprodukte wie Brillen anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, soweit sie nicht unter die dort genannten Ausnahmetatbestände fallen. Zudem liege nach Überzeugung des OLG in diesem Fall auch eine von dem Verbot umfasste Produktwerbung vor, da das Optikunternehmen damit für sein Produktsortiment mit bestimmten Kollektionen und Gläsern einer bestimmten Marke werbe. Es enthalte somit nicht nur eine allgemeine Firmenwerbung, welche grundsätzlich nach dem HWG erlaubt sei.

Abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Adressaten

Außerdem handle es sich bei dem Verschenken einer Brille, auch im Rahmen einer Dankesaktion für ,,Corona-Helden‘‘, um eine Werbegabe im Sinne von §7 Abs.1 S.1 HWG. Von dieser Werbegabe gehe die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung der Werbeadressaten aus.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) werde eine unmittelbare Kopplung zwischen dem Erhalt der Werbegabe und einer Kaufentscheidung für das Bestehen der Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung nicht vorausgesetzt. Es seien vielmehr die Grundsätze der sogenannten Publikumswerbung anzuwenden, wonach allein die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Beschenkten ausreiche.

Diese Gefahr liege hier nicht darin, dass der von der Werbung angesprochene Adressat eine Entscheidung über eine von ihm zu bezahlende Leistung trifft, die er sonst nicht in Anspruch genommen hätte, sondern darin, dass er sich für die Leistung (Brillengestell und Glas) entscheide, ohne die Produkte der Mitbewerber in seine Entscheidung einzubeziehen.

Daneben sei es denkbar, dass die Beschenkten aus Dankbarkeit weitere Brillen des Optikfachgeschäftes, wie z. B. eine Sonnenbrille, kostenpflichtig erwerben würden.

Um eine Wiederholungsgefahr zu vermeiden, untersagte das OLG Stuttgart daher dem Augenoptikfachgeschäft die entsprechende Werbung mit Gratisbrillen.

Gegen diese Entscheidung gibt es kein Rechtsmittel mehr.

hpa/tsp