Das OLG Dresden entschied, dass eine negative Kununu-Bewertung online bleiben darf, da sie durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) geschützt ist. Ausschlaggebend war, dass die Plattform ihre Prüfpflichten erfüllt und ein Beschäftigungsverhältnis mit anonymisierten Nachweisen belegt hatte.

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat entschieden, dass die Bewertungsplattform Kununu eine negative Bewertung nicht löschen muss, wenn sie ihre Prüfpflichten erfüllt hat und die Bewertung eine zulässige Meinungsäußerung ist.

Im entschiedenen Fall hatte Kununu ohne den Bewerter preiszugeben nachgewiesen, dass dieser tatsächlich beim Kläger, einem Logistikunternehmen, beschäftigt war. Dazu wurden anonymisierte Arbeits- und Ausbildungsnachweise vorgelegt. Das Gericht stellte außerdem klar, dass die Bewertung korrekt einem ehemaligen Standort des Unternehmens in Leipzig zugeordnet war. Die Bewertung wurde als zulässige Meinungsäußerung gewertet, die durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) geschützt ist (Urt. V. 17.12.2024, Az. 4 U 744/24).

Unternehmen fühlte sich

Hintergrund des Verfahrens ist die Klage eines mittelständisches Unternehmens im Bereich Lager- und Logistikdienstleistungen. Dieses verlangte die Löschung einer negativen Bewertung auf der Plattform Kununu. Die Bewertung stammte aus dem Jahr 2015 und betraf angeblich einen inzwischen aufgelösten Standort des Unternehmens und war unter dem Titel „Schlechtester Arbeitgeber aller Zeiten“ veröffentlicht worden. Darin wurde dem Unternehmen unter anderem eine schlechte Behandlung von Mitarbeitern und eine hohe Fluktuation vorgeworfen.

Soforthilfe vom Anwalt

Sie brauchen rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an für eine kostenlose Ersteinschätzung oder nutzen Sie unser Kontaktformular.

Das Logistikunternehmen argumentierte, dass die Bewertung irreführend sei, da sie nicht klar einem Standort zugeordnet werden könne und auch auf die bestehenden Standorte ein schlechtes Licht werfe. Nachdem das Unternehmen Kununu 2023 zur Löschung der Bewertung aufforderte, schlug Kununu zunächst vor, eine Sperrseite für den nicht mehr existenten Standort einzurichten. Später teilte Kununu mit, dass man die Profile für die Standorte getrennt habe und die Bewertung dem Profil des ehemaligen Standorts zugeordnet bleibe.

Das Logistikunternehmen bemängelte jedoch, dass die Bewertung weiterhin sichtbar und in das Profil der aktiven Standorte übertragen worden sei, was das Unternehmen als rechtswidrig ansah. Es betonte, dass diese negativen Bewertungen den Ruf des Unternehmens beeinträchtigen würden, da das ursprüngliche Profil des Unternehmens vor der Übertragung nur eine positive Bewertung enthalten habe.

Die beanstandete Bewertung beeinträchtige das Unternehmenspersönlichkeitsrecht und sei geeignet, das Ansehen des Unternehmens zu schädigen. Das Unternehmen betonte, dass Kununu als Portalbetreiber seine Prüfpflichten verletzt habe, indem es die Identität der bewertenden Person nicht offengelegt und keine ausreichenden Nachweise für ein Beschäftigungsverhältnis vorgelegt habe. Der Verfasser der Bewertung hatte angegeben, früher in der Verwaltung des Unternehmens gearbeitet zu haben. Das Unternehmen bestritt jedoch, dass der Bewertende jemals dort beschäftigt gewesen sei und verlangte daher die Löschung des Kommentars.

Trotz mehrfacher Aufforderung verweigert Kununu die Löschung der Bewertung, weshalb das Unternehmen in der Folge gerichtlich gegen die Veröffentlichung vorging.

Bewertungen bleiben zulässig bei Erfüllung der Prüfpflichten

Das Landgericht (LG) Leipzig hatte erstinstanzlich zu Gunsten des klagenden Unternehmen geurteilt. Die Bewertung sei ein Eingriff in die Rechte des Logistikunternehmens, da sie geeignet sei, sich abträglich auf das unternehmerische Ansehen auszuwirken und potentielle Kunden sowie Arbeitnehmer von einem Geschäftskontakt abzuhalten. Die Bewertung sei auch rechtswidrig, da ihr kein geschäftlicher Kontakt zugrunde gelegen habe. Zulasten Kununus, so das LG, sei davon auszugehen, dass der Bewerter nicht bei dem Unternehmen beschäftigt gewesen sei, da Kununu keine Identifizierung ermöglicht habe, sodass die Behauptung, der Bewertung liege kein Beschäftigungsverhältnis zugrunde, als zugestanden zu bewerten sei. 

Das OLG Dresden folgte dieser Auffassung nun allerdings nicht, sondern schloss sich im wesentlichen der Sichtweise Kununus an. Das OLG begründete seine Entscheidung u.a. mit der Erfüllung der Prüfpflichten durch Kununu. Die Betreiber der Plattform hätten den Bewerter kontaktiert und Nachweise wie anonymisierte Arbeits- und Ausbildungsunterlagen vorgelegt, die ein Beschäftigungsverhältnis mit dem Logistikunternehmen belegten.

Kununu habe das Unternehmen dann auch über die Ergebnisse ihrer Prüfung informiert und sichergestellt, dass die Bewertung dem ehemaligen Standort des Unternehmens in Leipzig zugeordnet gewesen sei, um Unstimmigkeiten zu vermeiden. Die Bewertung habe daher keine falsche Zuordnung enthalten und sei als zulässige Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG geschützt. Kununu sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Identität der bewertenden Person offenzulegen, sondern lediglich eine angemessene Prüfung durchzuführen. Die Abwägung zwischen den Rechten des bewerteten Unternehmens und der Meinungsfreiheit des Bewerters fiel zugunsten der Meinungsfreiheit aus, da die Bewertung keine Schmähkritik dargestellt und auf tatsächlichen Erfahrungen beruht habe. Kununu habe zudem seine sekundäre Darlegungslast erfüllt, indem es die vorgelegten Nachweise überprüft und das Unternehmen darüber informiert habe.

Ein Anspruch auf Löschung der Bewertung bestand daher nicht.

pya