Wer mit Rabatten wirbt, der muss die beworbene Preissenkung auf Grundlage des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage berechnen. Dies hat der EuGH nun klargestellt. Im Fall ging es um eine Rabattwerbung im beliebten Prospekt des Discounters Aldi.
Preisreduzierungen und Rabattaktionen sind heutzutage allgegenwärtig, und es gibt fast immer irgendwo einen “Sale”. Jeder Verbraucher kennt inzwischen die Rabatt-Bombardements besonders an Tagen wie dem sogenannten Black Friday. Der europäische Gesetzgeber versucht dem entgegenzuwirken und will mehr Klarheit und Transparenz schaffen – das z.B. war das Ziel der Novellierung der europäischen Preisangaben-Richtlinie, die 2022 in Kraft trat. In der Praxis zeigte sich jedoch schnell, dass Anbieter mit verschiedenen Tricks versuchen, die Absicht des Gesetzgebers zu umgehen.
Nach einer Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen Aldi Süd hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun für Klarheit gesorgt und die Rechte der Verbraucher gestärkt. Wenn Anbieter mit Preisreduzierungen oder Preis-Highlights in Gestalt von gestrichenen Preisen werben, muss sich dieser gestrichene Preis auf den günstigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen (EuGH, Urteil vom 26.09.2024, Rechtssache C-330/23).
Rabattwerbung im Aldi-Prospekt
Anlass für das Verfahren waren Rabattwerbungen in den wöchentlichen Werbeprospekten des Discounters Aldi. Der für die Woche vom 17. bis zum 22. Oktober 2022 geltende Prospekt bewarb u. a. „Frische-Kracher“ als „reduziert“, darunter „Fairtrade Bio-Bananen, lose“ und „Rainforest Alliance Ananas“. Der Preis für diese beiden Erzeugnisse war jeweils neben ihrer fotografischen Abbildung in einem weißen Rechteck (Preiskachel) angegeben, in dem sich zwei unterschiedliche Preisangaben fanden, nämlich in der Mitte eine Preisangabe in großen Ziffern (1,29 Euro für die Bananen und 1,49 Euro für die Ananas) sowie in der rechten unteren Ecke eine weitere, durchgestrichene Preisangabe in kleineren Ziffern (jeweils 1,69 Euro).
Bei den Bananen war in einem Rechteck (siehe Foto) in den Farben der deutschen Flagge, das die Preiskachel teilweise überlagerte, die prozentuale Preisermäßigung angegeben. Ein ähnliches überlagerndes Rechteck beim Angebot der Ananas trug den Schriftzug „Preis-Highlight“. Unter den beiden weißen Preiskacheln befand sich jeweils folgender Text: „Letzter Verkaufspreis. Niedrigster Preis der letzten 30 Tage:“, gefolgt von einer dritten Preisangabe (1,29 Euro für die Bananen und 1,39 Euro für die Ananas).
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Klage vor LG Düsseldorf
Die Verbraucherzentrale war daher der Ansicht, dass Aldi die in der Werbung angegebene Preisermäßigung nicht auf der Grundlage des Preises unmittelbar vor Angebotsbeginn (im ersten Beispiel 1,69 Euro) berechnen dürfe, sondern dies nach EU-Recht auf der Grundlage des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage tun müsse (im ersten Beispiel 1,29 Euro; dieser Preis ist jedoch mit dem angeblich „ermäßigten“ Preis identisch). Es genüge nicht, in der Bekanntgabe lediglich den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage zu nennen. Das gelte auch für die Bezeichnung
eines Preises als „Preis-Highlight. Eine solche Werbung beeinträchtige die Interessen der Verbraucher und sei unlauter.
Mit diesem Trick täusche Aldi Süd nämlich lediglich eine ernsthafte Preisreduzierung vor. Tatsächlich sei der gestrichene Preis jedoch nur deshalb kurz zuvor heraufgesetzt worden, um anschließend mit einer attraktiven Preisreduzierung werben zu können, so die Verbraucherzentrale. Auf diese Weise werde der gute Wille des Gesetzgebers, die Rechte von Verbrauchern zu stärken, in sein Gegenteil verkehrt, so die Auffassung der Verbraucherschützer.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hatte daher in der Folge gegen Aldi Süd vor dem Landgericht (LG) Düsseldorf geklagt. Das LG hatte sodann am 25. Mai 2023 beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH zunächst Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Zum einen wollte das LG wissen, ob ein in Prozent beworbener Rabatt nach der PreisangabenRL ausschließlich auf den niedrigsten Preis der vergangenen 30 Tage bezogen sein dürfe. Zum anderen sollte der EuGH die Frage klären, ob die Richtlinie verlange, dass werbliche Hervorhebungen eines neuen Rabatts, wie beispielsweise die Bezeichnung als “Preis-Highlight”, auf diesen vorherigen niedrigsten Preis bezogen sein müssen.
EuGH urteilt verbraucherfreundlich
Der EuGH schloss sich nun weitestgehend der Auffassung der Verbraucherschützer an. Eine Preisermäßigung, die ein Händler in Form eines Prozentsatzes oder einer Werbeaussage (Im Fall Aldi: „Preis-Highlight“) treffe, sei auf der Grundlage des niedrigsten Preises zu berechnen, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tagen vor Anwendung der Preisermäßigung angewandt habe. Diesen Preis, wie im Fall Aldi Süd, als „bloße Information zu nennen“, genüge nicht. Denn Händler sollen daran gehindert werden Verbraucher irrezuführen, indem sie Preise kurz vor der Bekanntgabe einer Preisermäßigung erhöhten und damit gefälschte Preisermäßigungen ankündigten.
Nach der Entscheidung des EuGH wird nun das Landgericht Düsseldorf das Verfahren mit einem Urteil beenden – aller Voraussicht nach zugunsten der Verbraucher, die künftig deutlich mehr Transparenz erwarten können.
Weitere Verfahren gegen Lidl, Edeka und Netto ruhen derzeit noch, weil die richtungsweisende Entscheidung des EuGH abgewartet wurde.