Eine niederländische Online-Apotheke darf eine „Abnehmspritze“ nicht direkt an deutsche Verbraucher bewerben, da eine Fernbehandlung ohne persönlichen Arztkontakt rechtlich unzulässig ist. Das LG München I gab damit der Ansicht einer Apothekenkammer recht.

Das Landgericht (LG) München I hat einem Online-Apotheken-Anbieter die Bewerbung einer sogenannten „Abnehmspritze“ gegenüber Endverbrauchern untersagt (LG München I, Az. 4 HK O 15458/24).
Bewerbung einer Abnehmspritze
Eine in den Niederlanden ansässige Online-Apotheke hatte in Deutschland für Online-Behandlungen mit dem Ziel der Verschreibung von Arzneimitteln zur Gewichtsreduktion/Adipositas geworben. Laut Werbung bestand die Behandlung jedoch lediglich in der ärztlichen Überprüfung eines zuvor durch den Nutzer online ausgefüllten Fragebogens. Der Fragebogen werde dann durch einen nicht in Deutschland ansässigen Arzt überprüft und dem Verbraucher sodann das Medikament verschrieben. Diese Werbung missfiel einer Apothekerkammer, die daraufhin im Eilrechtsschutz dagegen vorging.
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Die niederländische Online-Apotheke hatte gegen ein Verbot eingewandt, dass der Antrag der Apothekenkammer auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verspätet gewesen sei. Die Kammer kenne das Geschäftsmodell bereits aus einem anderen Verfahren, dessen Gegenstand Medikamente zur Behandlung erektiler Dysfunktion waren.
Beworben und umschrieben werde außerdem lediglich eine „Gewichtsverlustbehandlung“. Dies lasse keinen zwingenden Schluss auf die Abnehmspritze zu. Diese Form der Bewerbung sei zulässig und verstoße nicht gegen das Heilmittelwerbegesetz. Das Ausfüllen eines Fragebogens, der sodann von einem Arzt überprüft werde, sei auch eine zulässige Fernbehandlung unter Verwendung von Kommunikationsmedien, bei der ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem Patienten nicht erforderlich sei, so die Online-Apotheke.
Persönlicher Arzt-Kontakt notwendig
Das LG München I folgte der Ansicht der niederländischen Online-Apotheke nun jedoch nicht. Die Fernbehandlung von Adipositas durch das Ausfüllen eines Fragebogens entspreche nämlich nicht allgemein anerkannten fachlichen Standards. Vielmehr sei vor der Verschreibung einer Abnehmspritze ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen erforderlich, so das LG in seiner Urteilsbegründung.
Dies ergebe sich letztendlich bereits aus den „Warnhinweisen“, welche die Online-Apotheke dem LG selbst vorgelegt habe. In diesen werde auf zahlreiche Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Magenschmerzen, Hypoglykämie (bei Patienten mit Typ-2-Diabetes) und Schwindel, auf das Risiko der Unterzuckerung und darauf hingewiesen, dass die Behandlung eingestellt werden solle, wenn man innerhalb von drei Monaten nach Behandlungsbeginn nicht mindestens 5 % seines Körpergewichts verliere.
Darüber hinaus, so das LG, werde in den von der Apotheke selbst vorgelegten Unterlagen ausgeführt, dass eine regelmäßige Nachsorge und Überwachung während einer Gewichtsreduktion unbedingt erforderlich sei. Gerade diese, von der Apotheke selbst für erforderlich gehaltene regelmäßige Nachsorge erfordere aber zwingend einen persönlichen ärztlichen Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen, welcher weder von der Online-Apotheke noch von den verschreibenden Ärzten – schon aufgrund der räumlichen Distanz- geleistet werden könne.
Hinzu komme, dass ausweislich der Patientenleitlinie zur Diagnose und Behandlung der Adipositas der deutschen Adipositasgesellschaft zahlreiche Untersuchungen, u.a. des Bluts und des Urins, nötig seien, um Adipositas zu diagnostizieren und zu behandeln. Dies könne daher gerade nicht im Wege der Fernbehandlung erfolgen, so das LG München I weiter.
Es handele sich bei der Werbung der Online-Apotheke darüber hinaus nicht um die Werbung für eine Behandlung als solche, wie die Apotheke selbst vorgetragen habe, sondern um die Werbung für den Absatz von Medikamenten. Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut der Werbung. Um welche Gruppe von Präparaten es sich hierbei handele, wüssten angesprochene Verbraucher auch bereits deshalb, weil „die Abnahmespritze“ in jüngster Zeit starke mediale Aufmerksamkeit erfahren habe.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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Wenn auch Sie Produkte bewerben wollen, die unter das Heilmittelwerbegesetz fallen, dann müssen Sie zahlreiche Vorschriften beachten, um Abmahnungen oder andere rechtliche Streitigkeiten zu vermeiden. Schließlich handelt es sich um sensible Werbeaussagen im Gesundheitswesen. WBS.LEGAL berät sie gerne, wann ein Produkt unter das HWG fällt und welche Grenzen Sie bei der Bewerbung von Produkten einhalten müssen, um nicht gegen das HWG verstoßen.
Im Fall der niederländischen Online-Apotheke waren § 9 HWG und § 10 HWG einschlägig. Nach der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) darf für verschreibungspflichtige Arzneimittel nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden. Die angegriffene Internetwerbung wendet sich jedoch an allgemeine Verbraucher und verstößt daher nach Auffassung des LG München I gegen § 10 Abs. 1 HWG.
§ 9 HWG verbietet zudem die Werbung für Fernbehandlungen. Zulässig ist sie nur ausnahmsweise nach § 9 Satz 2 HWG, wenn die Behandlung mittels Kommunikationsmedien ( z.B. in Form einer Videosprechstunde ) erfolgt und nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist.
tsp