Es gibt viele Kriterien, die in eine Kaufentscheidung von Produkten fließen. Dabei ist der Preis oftmals der entscheidende Faktor. Es ist also wenig überraschend, dass die Werbung mit Ermäßigungen und Preisvergleichen gängige Praxis in Verkaufsläden ist. Seit Mai 2022 gilt die geänderte Preisangabenverordnung. Unter anderem sieht diese vor, dass bei einem Rabatt der niedrigste Preis der letzten 30 Tage anzugeben ist. Wie die Vorschrift genau auszulegen ist, ist jedoch unklar.

Die Beantwortung der konkreten Auslegungsfrage könnte zu weitreichenden Auswirkungen für den Handel führen. Besteht „nur“ eine Informationspflicht des niedrigsten Preises oder muss dieser auch der Bezugspunkt für die Ermäßigung sein? Zugrunde lag eine Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen den Discounter Aldi-Süd. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hielt das Verhalten für unlauter und klagte vor dem Landgericht (LG) Düsseldorf. Dieses kam jedoch zu keiner klaren Entscheidung und setzte den Rechtsstreit (Beschl. v. 19.5.2023 – 38 O 182/22) vorläufig aus, um dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zwei Fragen zur Auslegung im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens vorzulegen.

Produkte wurden als „Preis-Highlight“ beworben

Der Discounter Aldi-Süd Dieser warb sowohl online als auch in einem Prospekt für sechs Lebensmittel, darunter auch Bananen und Ananas. Die Gestaltung der Werbung sah wie folgt aus: Bei den „Fairtrade Bio-Bananen“ lag der reduzierte, aktuell verlangte Preis bei 1,29 Euro. Diesem stellte der Discounter einen durchgestrichenen Preis, nämlich 1,69 Euro, gegenüber. Demnach solle man ganze 23% – verglichen mit dem Streichpreis – durch das Angebot sparen. Der niedrigste Preis der letzten 30 Tagen betrug jedoch nur 1,29 Euro, sodass der Rabatt verglichen mit diesem Preis null Prozent betragen würde.

Die „Rainforest Alliance Ananas“ wurde von Aldi-Süd sogar als „Preis-Highlight“ beworben. Diese konnte man statt des durchgestrichenen Preises von 1,69 Euro für nur 1,49 Euro erwerben. Bei diesem Angebot spare man laut Discounter also 20 Cent. Der niedrigste letzte Verkaufspreis der letzten 30 Tage lag hier jedoch sogar bei nur 1,39 Euro, sodass das reduzierte „Preis-Highlight“ 10 Cent teurer war als dieser.

Omnibus-Richtlinie stärkt Verbraucherschutz

Die sogenannte Omnibus-Richtline der EU wurde am 28.05.2022 in Deutschland umgesetzt und soll den Verbraucherschutz stärken. Ein Ziel war es, Preisermäßigungen besser einschätzen zu können. So heißt es in der dem neuen § 11 Preisangabenverordnung (PAngV): „Wer zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, hat gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat.“

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Informationspflicht oder Bezugspunkt der Ermäßigung?

Über die konkrete Auslegung und Reichweite dieser Norm war sich das LG Düsseldorf unsicher. Die Änderungen der PAngV basieren auf einer zugrundeliegenden EU-Richtline. Die Zuständigkeit zur Auslegung dieser Richtline liegt beim EuGH. Dieser muss nun also vorgeben, wie die Richtlinie zu deuten ist. Man kann die Vorschrift einerseits so verstehen, dass der niedrigste Preis der letzten 30 Tage lediglich angegeben werden muss. Dann läge nur eine einfache Informationspflicht vor. So entschied das Oberlandesgericht Hamburg in einem etwas anders gelagerten Fall, dass es genüge, nur den niedrigsten Referenzpreis als Streichpreis anzusetzen. Darüber hinaus gebe es keine Pflicht zur Konkretisierung von Streichpreisen.

Andererseits könnte man die Norm aber auch dahingehend auslegen, dass sich die (prozentuale) Angabe eines Rabattes auch auf den „vorherigen“ Preis beziehen muss. So sah es nämlich die Europäische Kommission in ihren unverbindlichen Leitlinien zur Auslegung der Richtlinie. Dann hätte die Vorschrift auch Auswirkungen auf die Berechnung des reduzierten Angebotes.  

Nach vorläufiger Auffassung der Düsseldorfer Richter sei die Anforderung nur als reine Informationspflicht zu verstehen. Wenn dies jedoch nicht so wäre, dann hätte die Klage der Verbraucherzentrale Erfolg. Die Frage ist also entscheidungserheblich. Deswegen muss nun der EuGH entscheiden. Wir werden berichten.

jsc/ezo